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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil15.03.2013
Stadtrat darf NPD-Ratsmitglied ausschließenRatsmitglied verwirkt durch begangene Straftaten erforderliche Unbescholtenheit
Der Stadtrat von Trier durfte den Kreisvorsitzenden der Trierer NPD aus dem Rat ausschließen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls wurde bei den Kommunalwahlen im Juni 2009 für die NPD in den Trierer Stadtrat gewählt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 22. Dezember 2010 verurteilte ihn das Landgericht Trier wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte er im Mai 2009 gemeinsam mit mehreren anderen Personen eine Gruppe verfolgt, die zuvor Wahlplakate der NPD abgerissen hatte. Dem Kläger und einem Teil seiner Begleiter gelang es, einen bei der Verfolgung gestrauchelten und zu Fall gekommenen "Plakatabreißer" zu stellen. Dieser erhielt von den Begleitern des Klägers etwa fünf Faustschläge gegen den Kopf und fünf Tritte gegen den Rumpf, während der Kläger selbst das Geschehen beobachtete. Das Landgericht sah ihn als Hauptinitiator des gesamten Geschehens an.
Trierer Stadtrat schließt NPD-Ratsmitglied aus dem Rat aus
Nach Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils beschloss der Trierer Stadtrat im September 2011, ihn gemäß § 31 der Gemeindeordnung (GemO) sofort vollziehbar aus dem Rat auszuschließen. Nach dieser Vorschrift kann der Gemeinderat ein Ratsmitglied ausschließen, das nach seiner Wahl rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt worden ist, wenn es durch die Straftat die für ein Ratsmitglied erforderliche Unbescholtenheit verwirkt hat.
Eingriff in Wahlgrundsätze verfassungsrechtlich gerechtfertigt
Ein hiergegen erhobener Eilantrag des Klägers blieb ohne Erfolg. Seine Klage gegen den Stadtratsausschluss wies das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Gericht entschied, dass § 31 GemO - die Rechtsgrundlage für den Stadtratsausschluss - entgegen der Auffassung des Klägers verfassungsgemäß sei. Insbesondere verstoße sie bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen die verfassungsrechtlich gewährleisteten Wahlgrundsätze der Allgemeinheit, Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl. Zwar stelle der Ausschluss aus dem Gemeinderat, durch den die Zusammensetzung eines gewählten Organs nach Abschluss des eigentlichen Wahlvorganges verändert werde, einen Eingriff in diese Wahlgrundsätze dar. Denn diese würden auch für das passive Wahlrecht gelten und das Recht gewährleisten, eine Wahl anzunehmen und das errungene Mandat auszuüben. Der Eingriff sei aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Straftaten schädigten nicht nur Ansehen des Ratsmitgliedes, sondern auch das Vertrauen der Wähler in Gemeindevertretung als Ganzes
Das Gericht wies daraufhin, dass § 31 GemO dem Schutz des Ansehens der Gemeindevertretung diene, sofern dadurch die verfassungsrechtlich gewährleistete Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung betroffen sei. Wegen der hohen Bedeutung der Wahlgrundsätze könne allerdings nicht jede Straftat eines einzelnen Ratsmitgliedes, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten und zu einem Ansehensverlust des Gemeinderates führe, den Ausschluss des betroffenen Mitgliedes rechtfertigen. Eine solche Auslegung des § 31 GemO wäre verfassungswidrig. Die Vorschrift könne jedoch verfassungskonform ausgelegt werden. Danach müsse die Straftat, welche dem Ausschluss aus dem Gemeinderat zugrunde liege, von beträchtlichem Gewicht sein und sich zudem in besonderem Maß negativ auf das Ansehen des Gemeinderates auswirken. Solche Straftaten schädigten nicht nur das Ansehen des straffällig gewordenen Ratsmitgliedes, sondern auch das Vertrauen der Wähler in die Gemeindevertretung als Ganzes. Dadurch sei die Akzeptanz der Entscheidungen des Rates, seine Fähigkeit die Bürger zu repräsentieren und folglich seine Funktionsfähigkeit in einem Maße beeinträchtigt, dass der im Ausschluss aus dem Gemeinderat liegende Eingriff in die Grundsätze der Allgemeinheit, Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl gerechtfertigt sei. Nichts anderes ergebe sich aus dem Umstand, dass der Bundesgesetzgeber nach § 45 Abs. 1 und 4 StGB erst bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen eines Verbrechens einen den Verlust öffentlicher Ämter rechtfertigenden Ansehensverlust von Straftätern annehme und im Kommunalrecht der anderen Bundesländer vergleichbare Regelungen über den Ausschluss von Mitgliedern aus dem Gemeinderat fehlten. Insofern bewege sich der Landesgesetzgeber innerhalb des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums. Auch aus sonstigen Gründen bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 31 GemO.
Ratsmitglied beschädigt durch eigenes Fehlverhalten Ansehen des Stadtrates in besonders starkem Maße
Ihre Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Der Kläger habe durch die von ihm im Mai 2009 im Vorfeld der Kommunalwahl begangene Straftat, derentwegen er rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt worden sei, die für ein Ratsmitglied erforderliche Unbescholtenheit verwirkt. Er habe als Mittäter zusammen mit anderen Personen einen politischen Gegner nicht unerheblich körperlich verletzt. Damit habe er grundlegende Anforderungen an die politische Auseinandersetzung im demokratischen Rechtsstaat auf eklatante Weise missachtet und zugleich das Ansehen des Stadtrates in besonders starkem Maße beschädigt. Der Stadtratsausschluss sei auch unter Einhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens erfolgt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2013
Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz/ra-online
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