Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss14.02.2025
Spitzenkandidatin des „Bündnis Sahra Wagenknecht“ bleibt von der Teilnahme an der „Wahlarena 2025“ ausgeschlossenParteien sind nach dem Gebot der (abgestuften) Chancengleichheit ihrer Bedeutung gemäß zu berücksichtigen
Der WDR ist nicht verpflichtet, die Spitzenkandidatin der Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) zu der Sendung „Wahlarena 2025 zur Bundestagswahl“ einzuladen, die am 17.02.2025 um 21.15 Uhr im Fernsehprogramm „Das Erste" ausgestrahlt werden soll. Das hat das Oberverwaltungsgericht entschieden und damit den vorangegangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln bestätigt.
Die redaktionelle Federführung für die auf 120 Minuten angelegte ARD-Sendung liegt beim WDR. Dieser hat die Spitzenkandidaten der Parteien CDU/CSU, AfD, SPD und Bündnis90/Die Grünen eingeladen. Die "Wahlarena" findet im sogenannten Townhall-Meeting-Format statt. Das Konzept basiert darauf, dass Bürger in der Sendung Fragen an die Politiker richten und mit ihnen persönlich ins Gespräch kommen. Den auf die Teilnahme an der Sendung gerichteten Eilantrag der Partei BSW, mit dem die Partei insbesondere geltend machte, durch die Nichteinladung ihrer Spitzenkandidatin werde sie in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt, lehnte das Verwaltungsgericht Köln (Beschluss v. 05.02.2025 - 6 L 81/25 -) ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde des BSW blieb erfolglos.
Redaktion muss Parteien nach dem Gebot der (abgestuften) Chancengleichheit ihrer Bedeutung gemäß berücksichtigen
Der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei redaktionell gestalteten Sendungen jeder Partei grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im Wahlkampf und im Wahlverfahren offen zu halten. Sie dürfen die antretenden Parteien nicht willkürlich ausschließen und müssen diese nach dem Gebot der (abgestuften) Chancengleichheit ihrer Bedeutung gemäß angemessen berücksichtigen. Nach diesen Maßstäben rechtfertigt das redaktionelle Konzept der Sendung die Nichtberücksichtigung des BSW. Die Sendung soll es ermöglichen, alle relevanten Themen tiefgehend erörtern und Nachfragen und Diskussionen führen zu können. Hierfür war aufgrund der begrenzten Sendezeit eine Auswahlentscheidung auf wenige Personen erforderlich.
Redaktion berücksichtigte für die Sendung Parteien, die konstant und deutlich oberhalb von 10 % liegen
Diese hat der WDR danach getroffen, welche Parteien sich in aktuellen Umfragen konstant und deutlich von allen anderen Parteien abheben. Die eingeladenen Vertreter gehörten Parteien an, die in den Umfragewerten konstant und deutlich oberhalb von 10 % lägen. Damit könnten sie in besonderem Maße Einfluss auf die politischen Entwicklungen der kommenden Jahre nehmen, da sie eine (reelle) Chance hätten, aus der Wahl zwar nicht zwingend als stärkste Kraft hervorzugehen, wohl aber zumindest stärkste Kraft in der nächsten Regierungskoalition zu werden. Ausgehend von dieser Konzeption der Sendung war die Einladung der Spitzenkandidatin des BSW nicht geboten, da es lediglich aktuelle Umfragewerte um die 5 % erreicht. Dies stimmt mit dem Gebot der (abgestuften) Chancengleichheit überein, denn Umfragewerte liefern jedenfalls gewisse Anhaltspunkte für die gegenwärtige Bedeutung der Parteien.
BSW wird im Gesamtprogramm der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angemessen berücksichtigt
Dass das BSW im Gesamtprogramm der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht seiner Bedeutung gemäß angemessen berücksichtigt würde, ist nicht dargelegt. Das BSW ist an zwei von vier Wahldebatten im Programm der ARD beteiligt und findet darüber hinaus auch in der sonstigen Wahlberichterstattung u. a. in Form von Dokumentationen, Interviews und Talk-Formaten Berücksichtigung.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.02.2025
Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Ra-online (pm/pt)