18.10.2024
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil07.11.2006

Bestell- und Abholservice für Arzneimittel in dm-Drogerien zulässigKein Verstoß gegen Arzneimittel- oder Apothekenrecht

Drogerien dürfen einen Bestell- und Abholservice für Arzneimittel in Zusammenarbeit mit einer Versand­han­del­s­a­potheke anbieten. Das hat das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen entschieden.

Im Juni 2004 hatte die Firma dm in Kooperation mit einer Versand­han­del­s­a­potheke in Venlo, Niederlande, in acht Testfilialen in Düsseldorf, Krefeld, Mönchengladbach und Viersen einen Bestell- und Abholservice für Arzneimittel eingerichtet: Der Kunde füllte den in der dm-Filiale ausliegenden Bestellschein aus, steckte ihn - bei rezept­pflichtigen Arzneimitteln zusammen mit dem Rezept - in eine Bestelltasche und warf diese in eine Bestellbox. Spätestens 72 Stunden später konnte der Kunde das Paket mit den aus Venlo gelieferten Arzneimitteln in der dm-Filiale abholen.

Der Oberbür­ger­meister der Stadt Düsseldorf sah darin einen Verstoß gegen das Arznei­mit­telrecht, das eine Abgabe apothe­ken­pflichtiger Arzneimittel nur in einer Apotheke oder im genehmigten Versandhandel durch eine Apotheke vorsehe, und untersagte den Service. Die Firma dm und die Versand­han­del­s­a­potheke setzten daraufhin ihre Kooperation aus. Im vorläufigen Rechts­schutz­ver­fahren hatte die Firma dm weder vor dem Verwal­tungs­gericht Düsseldorf noch im Beschwer­de­ver­fahren vor dem Oberver­wal­tungs­gericht Erfolg. Im Haupt­sa­che­ver­fahren wurde ihre Klage vom Verwal­tungs­gericht Düsseldorf mit Urteil vom 15.02.2006 abgewiesen. Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der Firma dm hat das Oberver­wal­tungs­gericht nunmehr mit dem o. g. Urteil stattgegeben. In der mündlichen Urteils­be­gründung hieß es:

Das Vertrie­bs­konzept der Firma dm und der Venloer Apotheke verstoße weder gegen das Arznei­mit­telrecht noch gegen das Apothekenrecht. Seit 2004 lasse dieses den Versandhandel mit Arzneimitteln durch Apotheken zu. Auch niederländische Apotheken könnten Arzneimittel nach Deutschland versenden. Der Sache nach entspreche das Vertrie­bs­konzept zwar nicht dem herkömmlichen Bild des Versandhandels, bei dem eine Ware an eine vom Besteller angegebene Anschrift geliefert werde. Der vom Gesetz verwendete Begriff des Versandhandels sei aber für neue Formen des Versandhandels offen. Zwischen­zeitlich hätten sich vermehrt Formen des Versandhandels entwickelt, bei denen der Besteller die Ware von Abholpunkten, etwa in Gewer­be­be­trieben mit langen Öffnungszeiten wie Tankstellen oder Videotheken, oder in Paketstationen rund um die Uhr abholen könne. In solchen Formen würden auch Arzneimittel vertrieben. Das Vertrie­bs­konzept von dm und der Venloer Apotheke sei nicht anders zu bewerten, es berge eher weniger Gefahren für die Arznei­mit­tel­si­cherheit in sich als der Vertrieb von Arzneimitteln im Versandhandel herkömmlichen Stils oder mit anderen Abholstationen.

Die Firma dm unterhalte mit dem Bestellservice auch keine verbotene Rezept­sam­mel­stelle. Dem Inhaber einer Präsenzapotheke sei eine Rezept­sam­mel­stelle außerhalb der Apothekenräume grundsätzlich untersagt. Demgegenüber sei das Sammeln von Rezepten außerhalb der Apothekenräume für eine Versand­han­del­s­a­potheke geradezu typisch. Mit der Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln sei darum auch das Sammeln von Rezepten in Briefkästen oder wie hier in Bestellboxen in den dm-Filialen zugelassen.

Unabhängig davon, dass damit die Voraussetzungen für ein Einschreiten des Oberbür­ger­meisters der Stadt Düsseldorf gefehlt hätten, sei die gegen die Firma dm ergangene Unter­sa­gungs­ver­fügung auch deshalb aufzuheben, weil die Behörde das ihr zustehende Ermessen nicht gesehen und betätigt habe. Die Behörde sei zu Unrecht von einer Pflicht zum Einschreiten ausgegangen. Auch habe sie nicht in Erwägung gezogen, ob nicht anstelle oder neben der Firma dm die Venloer Apotheke hätte in Anspruch genommen werden können. Dieser Ermes­sens­nicht­ge­brauch sei im gerichtlichen Verfahren nicht mehr zu heilen.

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die Revision zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht nicht zugelassen. Zwar habe die Frage, ob ein Vertrie­bs­konzept wie das zwischen dm und der Venloer Apotheke vereinbarte arzneimittel- und apothe­ken­rechtlich zulässig sei, grundsätzliche Bedeutung; diese Frage sei aber nicht allein entschei­dungs­er­heblich. Der weiterhin entschei­dungs­er­hebliche Ermes­sens­nicht­ge­brauch rechtfertige nicht die Zulassung der Revision. Gegen die Nichtzulassung der Revision ist Beschwerde möglich, über die das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entscheidet.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.11.2006

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