21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil07.03.2014

Asylbewerbern droht in Italien keine unmenschliche oder erniedrigende BehandlungÜberstellung eines Asylbewerbers in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat nur bei bekannten systemischen Mängeln des Asylverfahrens unzulässig

Asylbewerbern, die über Italien nach Deutschland eingereist sind, droht bei einer Abschiebung nach Italien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen.

Im zugrunde liegenden Fall klagte ein marokkanischer Asylbewerber. Dieser war 2009 auf dem Seeweg nach Italien gelangt und nach Deutschland weitergereist, wo er einen Asylantrag stellte. Nachdem Italien als Land des ersten Gebietskontakts in der Europäischen Union die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens anerkannt hatte, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Durchführung des Asylverfahrens ab und schob den Kläger Ende 2009 nach Rom ab, wo er nach eigenen Angaben mehrere Monate obdachlos war. Im Januar 2011 wurde der Kläger erneut in Deutschland aufgegriffen. Er beantragte wiederum Asyl. Das Bundesamt lehnte wegen der Zuständigkeit Italiens die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an.

VG hält Überstellung nach Italien für unzulässig

Die hiergegen mit der Begründung erhobene Klage, eine Überstellung nach Italien sei wegen dort herrschender systemischer Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnah­me­be­din­gungen unzulässig, hatte in erster Instanz vor dem Verwal­tungs­gericht Köln Erfolg. Auf die Berufung der beklagten Bundesrepublik Deutschland hob das Oberver­wal­tungs­gericht dieses Urteil nunmehr auf und wies die Klage ab.

Für Durchführung des Asylverfahrens ist gemäß Dublin II-Verordnung nur ein einziger Mitgliedstaat der EU zuständig

Das Oberver­wal­tungs­gericht stützte sich bei seiner Entscheidung darauf, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens basiere. Danach dürften alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union davon ausgehen, dass auf der Grundlage verschiedener europäischer Richtlinien Asylanträge von Dritt­staats­an­ge­hörigen in allen Mitgliedstaaten nach den im Wesentlichen gleichen Kriterien bearbeitet und entschieden würden und auch die Aufnah­me­be­din­gungen den Richt­li­ni­en­vorgaben entsprächen. Vor diesem Hintergrund bestimme die hier anwendbare so genannte Dublin II-Verordnung, dass nur ein einziger Mitgliedstaat der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Das sei vorliegend Italien.

Ernsthafte systemische Mängel bei Asylverfahren und Aufnah­me­be­din­gungen in Italien nicht wahrscheinlich

Die Vermutung gegenseitigen Vertrauens könne aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs widerlegt werden. Die Überstellung eines Asylbewerbers in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat sei unzulässig, wenn dem die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaat (hier Deutschland) nicht unbekannt sein könne, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnah­me­be­din­gungen für Asylbewerber in dem zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Europäischen Grund­recht­s­charta ausgesetzt zu werden. Derartige gravierende Mängel seien derzeit in Italien bei einer bewertenden Gesamtschau der dem Senat vorliegenden Erkenntnisse, namentlich von Berichten des UNHCR und zahlreicher Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tionen sowie von Auskünften des Auswärtigen Amtes, für nach der Dublin II-Verordnung rücküberstellte Flüchtlinge nicht beachtlich wahrscheinlich.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online

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