21.11.2024
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Dokument-Nr. 30833

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Beschluss15.09.2021Oberverwaltungsgericht Lüneburg13 MN 369/21, 13 MN 384/21 und 13 MN 396/21
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Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss15.09.2021

Keine vorläufige Außer­voll­zug­setzung der Maskenpflicht im Allgemeinen und in SchulenMaskenpflicht weiterhin notwendige Infektions­schutz­maßnahme

Das Nieder­säch­sischen Ober­verwaltungs­gericht hat in mehreren Normen­kontrolleil­verfahren eine vorläufige Außer­voll­zug­setzung der Regelungen der Nieder­säch­sischen Corona-Verordnung betreffend die Maskenpflicht im Allgemeinen und in Schulen abgelehnt.

Im Verfahren 13 MN 369/21 hatte sich ein in der nieder­säch­sischen Landes­hauptstadt lebender Bürger gegen die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske als Mund-Nasen-Bedeckung in geschlossenen Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind, und in Verkehrsmitteln des Perso­nen­verkehrs sowie den dazugehörigen Einrichtungen in geschlossenen Räumen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 der Nieder­säch­sischen Corona-Verordnung (in der Fassung vom 24.8.2021, im Folgenden: Corona-VO) gewandt. Er hatte insbesondere geltend gemacht, dass eine Maskenpflicht auch für Geimpfte und Genesene unver­hält­nismäßig in deren Freiheitsrechte eingreife.

Auch Geimpfte und Genesene könnten weiter mit dem Virus und weiter geben

Das OVG hat den Antrag abgelehnt. Die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen und Einrichtungen, in denen sich eine Vielzahl von Personen ggf. in häufig wechselnder Zusammensetzung aufhalte, sei weiterhin eine notwendige Infek­ti­o­ns­schutz­maßnahme. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich Geimpfte oder Genesene weder mit dem Coronavirus infizierten noch andere Personen damit anstecken könnten und somit die Maskenpflicht das Infek­ti­o­ns­risiko nicht weiter reduziere. Denn Impfung und Genesung führen nicht zu einer sog. "sterilen Immunität". Auch Geimpfte und Genesene könnten sich daher weiter mit dem Corona-Virus infizieren, die Infektion weitergeben und auch an Covid-19 erkranken.

Überlastung des Gesund­heits­systems weiterhin möglich

Diese Restrisiken könnten durch Basis­schutz­maß­nahmen (Einhalten der AHA+L-Regeln, Selbsti­so­lierung bei Symptomen) weiter reduziert werden. Die Maskenpflicht sei auch für Geimpfte (noch) erforderlich, um einer Überlastung des Gesund­heits­systems entge­gen­zu­wirken. Mit einer Impfquote in Niedersachsen von derzeit 63,8 % vollständig Geimpften liege diese noch in einem Bereich, in dem bei einer dynamischen Entwicklung der Infek­ti­o­ns­zahlen allein die Erkrankung einer Vielzahl Ungeimpfter und nicht vollständig Geimpfter zu einer Überlastung des Gesund­heits­systems führen könne.

Eltern von Schulkindern wehren sich gegen Maskenpflicht

In den weiteren Verfahren hatten sich Schulkinder, vertreten durch ihre Eltern, gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Schulgebäuden nach § 16 Abs. 1 Satz 4 Corona-VO gewandt. Sie hatten auch gerügt, dass eine Maskenpflicht für sämtliche Jahrgänge ohne Ausnahmen insbesondere für Grundschüler unver­hält­nismäßig sei. Die jüngeren Schüler seien keine Pandemietreiber und auch weitestgehend von schweren Krank­heits­ver­läufen verschont. Die steigende Impfquote bei den Erwachsenen und älteren Schülern schütze diese hinreichend. Das ganztägige Tragen einer Maske sei insbesondere für die jüngeren Schüler mit erheblichen Belastungen verbunden, die nicht hingenommen werden müssten.

Allgemein geltender Grundsatz gilt auch an Schulen

Das OVG hat auch diese Anträge abgelehnt. Der im Allgemeinen geltende Grundsatz, dass die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen und Einrichtungen, in denen sich eine Vielzahl von Personen ggf. in häufig wechselnder Zusammensetzung aufhalte, weiterhin eine notwendige Infek­ti­o­ns­schutz­maßnahme darstelle, sei auch auf die Schulen zu übertragen. Eine Ausnahme sei derzeit auch nicht für Grundschüler geboten. Zwar reagierten Kinder möglicherweise sensibler auf das Tragen einer Maske als Erwachsene. Auch liege es nahe, dass das längerfristige Tragen einer Maske insbesondere bei Kindern zu Kopfschmerzen, Konzen­tra­ti­o­ns­s­tö­rungen und anderen kurzfristigen negativen Nebenwirkungen führen könne. Schwere gesundheitliche Schäden bei im Übrigen gesunden Kindern seien jedoch nicht belegt.

Besondere Belastungen für jüngere Schüler berücksichtigt

Vielmehr werde den besonderen Belastungen jüngerer Schüler hinreichend Rechnung getragen. Schülern zwischen dem vollendeten 6. und 14. Lebensjahr werde anstelle einer medizinischen Maske das Tragen jeder beliebigen anderen textilen oder textilähnlichen Bedeckung gestattet, die aufgrund ihrer Beschaffenheit eine Ausbreitung von übertra­gungs­fähigen Tröpf­chen­par­tikeln durch Husten, Niesen oder Aussprache verringere. Auch seien Maskenpausen während des Unterrichts vorgesehen, und es bestehe auf dem Schulgelände im Freien auch in den Unter­richts­pausen keine Maskenpflicht. Im Übrigen gelte auch bei schul­pflichtigen Kindern, denen aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beein­träch­tigung oder einer Vorerkrankung das Tragen einer Mund-Nasen Bedeckung nicht zumutbar sei, bei Vorlage eines Attests oder einer vergleichbaren amtlichen Bescheinigung die Ausnah­me­re­gelung des § 4 Abs. 5 Corona-VO.

Schutz ungeimpfte Erwachsenen allein rechtfertigt keine Maskenpflicht

Der Senat hat aber darauf hingewiesen, dass allein der Schutz der ungeimpften Erwachsenen, die durch infizierte Kinder selbst infiziert werden und schwer erkranken könnten, zur Rechtfertigung der Maskenpflicht allein nicht ausreichend sei, da für diese Erwachsenen regelmäßig die Möglichkeit bestehe, sich durch eine Impfung selbst vor schweren Erkrankungen hinreichend zu schützen. Den Schülern, für die derzeit eine Impfmöglichkeit erst ab dem vollendeten 12. Lebensjahr bestehe, dürften keine Belastungen allein zum Schutz impfunwilliger Erwachsener auferlegt werden.

Schutz des Gesund­heits­systems vor einer Überlas­tungs­si­tuation rechtfertigt Maskenpflicht weiterhin

Allerdings bewege sich die Impfquote in Niedersachsen derzeit noch in einem Bereich, in dem allein die Erkrankung Ungeimpfter und nicht vollständig Geimpfter zu einer Überlastung des Gesund­heits­systems führen könne. Eine derartige Situation könne unabhängig davon, dass Schulen nicht als "Treiber der Pandemie" bezeichnet würden, schon aufgrund der großen Zahl der schul­pflichtigen Kinder entstehen, die über ihre Kontakte insbesondere im familiären Umfeld eine mögliche Infektion weitergeben könnten. Der Schutz des Gesund­heits­systems vor einer Überlas­tungs­si­tuation sei aber nach wie vor ein legitimer Zweck, der die Ergreifung notwendiger Maßnahmen rechtfertige, wozu eine Maskenpflicht in Schulen derzeit noch zu zählen sei. Der Verord­nungsgeber werde aber den weiteren Impffortschritt voranzutreiben und zu beobachten sowie die Maskenpflicht zumindest für jüngere Schüler aufzuheben haben, sobald die Gefahr einer Überlastung des Gesund­heits­systems durch Weitergabe des Virus durch diese Schüler realis­ti­scherweise nicht mehr bestehe. Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Lüneburg, ra-online (pm/ab)

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