23.11.2024
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Dokument-Nr. 30139

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Beschluss16.04.2021Oberverwaltungsgericht Lüneburg13 MN 158/21
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Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss16.04.2021

OVG Lüneburg setzt Maskenpflicht für den Fahrer eines Kraftfahrzeugs bei beruflichen Fahrge­mein­schaften außer VollzugMaskenpflicht beim Autofahren gefährdet die Verkehrs­si­cherheit

Das Ober­verwaltungs­gericht Lüneburg hat mit Eilbeschluss § 3 Abs. 1 Satz 3 der Nieder­säch­sischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) in der derzeit geltenden, zuletzt am 9. April 2021 geänderten Fassung vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach auch für den Führer eines Kraftfahrzeugs bei beruflichen Fahrge­mein­schaften angeordnet wird, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Soweit sich der Eilantrag darüber hinaus gegen § 18 Abs. 2 bis 4 Corona-VO, der Regelungen über den Erlass von Ausgangs­beschränkungen enthält, richtete, hat ihn der Senat abgelehnt.

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt. Er hat vorgetragen, regelmäßig zusammen mit Mandanten zu Gerichts­terminen zu fahren. Die aus § 3 Abs. 1 Satz 3 Corona-VO folgende Pflicht, wonach auch der Kraft­fahr­zeug­führer im Rahmen einer beruflichen Fahrgemeinschaft eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen muss, gefährde die Verkehrs­si­cherheit.

Corona-VO formell rechtmäßig

Das OVG ist dem gefolgt und hat § 3 Abs. 1 Satz 3 Corona-VO insoweit vorläufig außer Vollzug gesetzt. Dabei ging der Senat unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung und unter Berück­sich­tigung des aktuellen Infek­ti­o­ns­ge­schehens davon aus, dass die Corona-VO und die auf diese bezogenen Änderungs­ver­ord­nungen auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhen, formell rechtmäßig sind und hinsichtlich deren materieller Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns keine durchgreifenden Bedenken bestehen.

Effektive Verkehrs­über­wachung ist nur ohne verdecktes Gesicht möglich

Die Verpflichtung für den Führer eines Kraftfahrzeugs, im Rahmen einer beruflichen Fahrge­mein­schaft eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, stelle jedoch keine notwendige Maßnahme im Sinne des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes dar, weil sie unangemessen sei. Im Rahmen der Abwägung sei nicht nur der als gering zu bewertende Eingriff in die allgemeine Handlungs­freiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) des Führers eines Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen, sondern insbesondere auch die Gefährdungen für die Verkehrs­si­cherheit, die mit dem Tragen einer Maske einhergingen. Durch § 23 Abs. 4 StVO werde geregelt, dass, wer ein Kraftfahrzeug führt, sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken darf, dass er nicht mehr erkennbar ist. Dies diene der effektiven Verkehrs­über­wachung, einer unein­ge­schränkten Rundumsicht und dadurch der allgemeinen Verkehrs­si­cherheit. Beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung würden jedoch wesentliche Teile des Gesichts verdeckt, insbesondere, wenn zusätzlich eine Brille oder Sonnenbrille getragen werde, die jedoch notwendig sein könne, um eine bestmögliche Sicht des Fahrers zu gewährleisten. Hinzu komme, dass gerade für Brillenträger die Gefahr steige, dass diese während der Fahrt beschlage und hierdurch die Sicht zusätzlich beeinträchtigt werde.

Sicherheit vor Ansteckung kann auch durch Testpflicht vor Antritt der Fahrt gewährleistet werden

Auch wenn die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung dem Infek­ti­o­ns­schutz diene, seien die Auswirkungen auf das Infek­ti­o­ns­ge­schehen, wenn der Führer des Kraftfahrzeugs einer beruflichen Fahrge­mein­schaft keine Maske trage, als gering einzuschätzen. Eine berufliche Fahrge­mein­schaft bestehe aus einer überschaubaren Anzahl an Personen, die sich untereinander kennen, wodurch auch die Kontakt­nach­ver­folgung möglich bleibe. Zudem könne auch durch eine Pflicht zur Testung vor Fahrtantritt ein hoher Grad an Sicherheit vor Ansteckung gewährleistet werden, ohne die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen. Die Außervollzugsetzung ist allge­mein­ver­bindlich, d.h. die betroffene Regelung ist in Niedersachsen gegenwärtig nicht zu beachten.

Antrag gegen die Bestimmungen über den Erlass von Ausgangs­be­schrän­kungen erfolglos

Soweit sich der Antragsteller darüber hinaus gegen die Regelungen des § 18 Abs. 2 bis 4 Corona-VO, der Regelungen zum Erlass von Ausgangs­be­schrän­kungen durch die örtlich zuständigen Behörden enthält, gewandt hat, hat der 13. Senat eine einstweilige Außer­voll­zug­setzung abgelehnt. Der Antrag sei teilweise bereits unzulässig, da § 18 Abs. 2 und 3 Corona-VO lediglich die Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte für den Erlass von Ausgangs­be­schrän­kungen regele und im Übrigen höhere Anforderungen an deren Erlass stelle, als gesetzlich vorgesehen seien.

Einstweilige Außer­voll­zug­setzung nicht dringend geboten

Hierdurch könne der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt werden. Soweit § 18 Abs. 4 Corona-VO vorsehe, dass bei einer 7-Tages-Inzidenz von mehr als 150 die örtlich zuständigen Behörden eine Ausgangs­be­schränkung erlassen „sollen“, sei die einstweilige Außer­voll­zug­setzung nicht dringend geboten. Aufgrund der Regelungen des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes hätten die zuständigen Behörden ohnehin effektive Maßnahmen zu treffen, die sich an den Inzidenzen zu orientieren hätten. Somit konkretisiere § 18 Abs. 4 Corona-VO lediglich die gesetzlichen Regelungen, weshalb die mit dieser Regelung einhergehenden Einschränkungen für diese bloß ermes­sens­leitende Vorschrift gering sei. § 18 Abs. 4 Corona-VO erfordere zudem noch einen Umsetzungsakt. Es sei deshalb zumutbar, unmittelbar gegen eine durch die örtlich zuständige Behörde erlassene Ausgangs­be­schränkung Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Lüneburg, ra-online (pm/ab)

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