18.10.2024
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Dokument-Nr. 20626

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Urteil17.09.2014Oberverwaltungsgericht Lüneburg11 LC 114/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2015, 39Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2015, Seite: 39
  • K&R 2014, 836Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2014, Seite: 836
  • NJW 2015, 502Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 502
  • RDV 2014, 337Zeitschrift: Recht der Datenverarbeitung (RDV), Jahrgang: 2014, Seite: 337
  • ZD 2014, 636Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2014, Seite: 636
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Oberverwaltungsgericht Lüneburg Urteil17.09.2014

Installation von Videokameras zur Überwachung öffentlicher Bereiche eines Bürogebäudes zur Wahrnehmung des Hausrechts und zur Verhinderung weiterer Straftaten zulässigPersönlich­keits­recht der Betroffenen wird nur unerheblich beeinträchtigt

Installiert der Eigentümer eines Bürogebäudes an öffentlichen Bereichen des Hauses Videokameras, so ist dies daten­schutz­rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Überwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts und zur Verhinderung weiterer Straftaten vorgenommen wird. In diesem Fall wird das Persönlich­keits­recht der Betroffenen nur unerheblich beeinträchtigt. Dies geht aus einer Entscheidung des Ober­verwaltungs­gerichts Lüneburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem im Dezember 2009 in einer in einem Bürogebäude ansässigen Steuer­be­ra­tungs­kanzlei eingebrochen worden war und sechs Notebooks gestohlen wurden, entschied sich die Eigentümerin des Hauses dazu, Videokameras zu installieren. Diese wurden Anfang 2010 zum einen an den beiden Eingängen des Bürogebäudes und zum anderen an weiteren öffentlichen Bereichen des Gebäudes angebracht. Die Aufnahmen wurden auf einer Festplatte für höchstens zehn Tage gespeichert und anschließend automatisch überschrieben und somit gelöscht. Der nieder­säch­sische Daten­schutz­be­auf­tragte hielt die Videoüberwachung jedoch für unzulässig und verlangte unter anderem die Ausschaltung der Kameras sowie die Löschung der gespeicherten Aufnahmen. Die Hausei­gen­tümerin erhob dagegen Klage und gewann vor dem Verwal­tungs­gericht Oldenburg. Dagegen richtete sich die Berufung des Daten­schutz­be­auf­tragten.

Rechts­wid­rigkeit der Anordnung zur Ausschaltung der Kameras und Löschung der Aufnahmen

Das Oberver­wal­tungs­gericht Lüneburg bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung des Daten­schutz­be­auf­tragten zurück. Die Anordnung der Ausschaltung der Kameras und Löschung der Aufnahmen sei rechtswidrig gewesen, da die Video­über­wachung daten­schutz­rechtlich nicht zu beanstanden gewesen sei.

Keine Einwilligung in Video­über­wachung aufgrund der Hinweisschilder

Die Zulässigkeit der Video­über­wachung habe sich zunächst nicht daraus ergeben, so das Oberver­wal­tungs­gericht, dass die Betroffenen darin im Sinne von § 4 a Abs. 1 BDSG wirksam eingewilligt haben. Zwar wurde an den Eingängen des Bürogebäudes mit Hinweis­schildern auf die Video­über­wachung aufmerksam gemacht. Dies habe aber nicht die Annahme gerechtfertigt, dass der Betroffene allein durch das Betreten des Gebäudes schlüssig in die Überwachung eingewilligt habe. Eine solche pauschale Einwilligung sei unwirksam.

Video­über­wachung zur Wahrnehmung des Hausrechts gerechtfertigt

Nach Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts sei die Video­über­wachung zur Wahrnehmung des Hausrechts gemäß § 6 b Abs. 1 Nr. 2 BDSG aber gerechtfertigt gewesen. Sie habe sowohl der Abschreckung als auch der Strafverfolgung gedient. Die Hausei­gen­tümerin habe zum einen ein Interesse daran gehabt, ihr Eigentum zu schützen und unberechtigte Personen vom Betreten des Gebäudes abzuhalten. Zum anderen habe auch ein Interesse daran bestanden, dass ihre Mieter nicht durch unberechtigte Personen geschädigt werden.

Rechtfertigung ergab sich zudem aus der Wahrnehmung berechtigter Interessen

Die Video­über­wachung sei zudem aus Sicht des Oberver­wal­tungs­ge­richts zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG gerechtfertigt gewesen. Denn sie habe der Verhinderung von weiteren Straftaten gedient. Eine solche Gefahrenlage habe angesichts des begangenen Diebstahls konkret bestanden. In diesem Zusammenhang habe eine Rolle gespielt, dass sich im Bürogebäude Rechts­an­walts­kanzleien sowie Steuer­be­ra­tungsbüros und somit sensible und schützenswerte Daten befanden.

Kein Vorliegen von gleich wirksamen aber milderen Alternativen

Eine gleich wirksame aber mildere Alternative zur Video­über­wachung habe nach Ansicht des Oberver­wal­tungs­ge­richts nicht vorgelegen. Der Einsatz von Wachpersonal sei zu kostenintensiv gewesen und habe einen noch gravierenderen Eingriff in die Rechte der Betroffenen dargestellt. Darüber hinaus habe das Wachpersonal nicht zu jeder Zeit an allen zu überwachenden Orten sein können. Auch eine Beschränkung der Video­über­wachung auf den Eingangsbereich oder auf die Zeiten außerhalb des Publikums- und Geschäfts­verkehrs sei nicht in Betracht gekommen, da sich Diebe zum Beispiel über die Fenster Zugang zum Gebäude haben verschaffen können und es auch tagsüber während der Bürozeiten zu Diebstählen oder anderen Straftaten kommen kann.

Nur unerhebliche Beein­träch­tigung des Persön­lich­keits­rechts

Das Oberver­wal­tungs­gericht wertete die Beein­träch­tigung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts der Betroffen angesichts des Einsatzes von Mini dome-Kameras als gering. Diese Kameras sind fest installiert und auf einen Sichtbereich ohne Zoom-Funktion beschränkt. Auch der Umstand, dass die überwachten Orte nicht dem längeren Verweilen dienten und die Aufnahmen nicht von Personen ständig und sofort überwacht wurden, habe aus Sicht des Oberver­wal­tungs­ge­richts die Beein­träch­tigung des Persön­lich­keits­rechts erheblich abgeschwächt.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Lüneburg, ra-online (vt/rb)

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