21.11.2024
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Dokument-Nr. 32075

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Urteil30.06.2022Oberverwaltungsgericht Koblenz7 A 10018/21.OVG
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Oberverwaltungsgericht Koblenz Urteil30.06.2022

Sanitäts­organisation muss Kosten der Feuerwehr für Unterstützung bei rettungs­dienstlicher Aufgabe erstattenOVG hat keine Zweifel an Rechtsgrundlage der Regelungen im rheinland-pfälzischen Brand- und Katastrophen­schutz­gesetzes (LBKG)

Gegen die Regelung des rheinland-pfälzischen Brand- und Katastrophen­schutz­gesetzes, wonach die Sanitäts­organisationen zum Ersatz der Einsatzkosten der Feuerwehr herangezogen werden können, wenn sie die Feuerwehr zur Unterstützung bei rettungs­dienstlichen Aufgaben anfordern, bestehen keine verfassungs­rechtlichen Bedenken. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Im Juli 2016 nahmen Rettungskräfte der Klägerin - eine Sanitäts­or­ga­ni­sation - und die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten eine Personenrettung aufgrund eines Schlag­an­fa­lls­ver­dachts vor. Dabei kamen drei Feuerwehrleute sowie eine Drehleiter mit (Rettungs-)Korb zum Einsatz. Ausweislich des Einsatzberichts war die Rettung einer Person aus dem ersten Obergeschoss durch Einsatzmittel der Klägerin nicht möglich, sodass diese mittels Drehleiter unterstützt wurde. Der Patient wurde vom ersten Obergeschoss auf den Boden gefahren und an Mitarbeiter der Klägerin übergeben. Für den Feuer­wehr­einsatz machte die Beklagte gegenüber der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt 547,50 € geltend. Die von dieser nach erfolgloser Durchführung des Wider­spruchs­ver­fahrens erhobene Klage lehnte das Verwal­tungs­gericht Mainz ab.

OVG bejahrt Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids

Das Oberver­wal­tungs­gericht bestätigte diese Entscheidung im Ergebnis und wies die Berufung der Klägerin zurück. Der Kostenbescheid sei rechtmäßig. Die im Jahr 2016 eingeführte Regelung des rheinland-pfälzischen Brand- und Katas­tro­phen­schutz­ge­setzes (LBKG), wonach die Sanitäts­or­ga­ni­sa­tionen zum Ersatz der Einsatzkosten der Feuerwehr herangezogen werden können, wenn sie die Feuerwehr zur Unterstützung bei rettungs­dienst­lichen Aufgaben anfordern (bzw. - so die Formulierung der Neufassung des Gesetzes vom Dezember 2020 - wenn sie die Feuerwehr zur Unterstützung bei der Beförderung von kranken, verletzten oder sonst hilfs­be­dürftigen Personen im Rahmen des Rettungs­dienstes anfordern), begegne keinen verfas­sungs­recht­lichen Bedenken. Insbesondere bestünden keine Zweifel an der Zuständigkeit des Landes­ge­setz­gebers. Entgegen der Ansicht der Klägerin falle die genannte Regelung nicht in die konkurrierende Gesetz­ge­bungs­kom­petenz des Bundes nach Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 12 des Grundgesetzes - GG - für das Gebiet der Sozia­l­ver­si­cherung. Denn hierbei handele es sich um keine Regelung der Sozia­l­ver­si­cherung, weil sie allein die Kostentragung im Verhältnis zwischen den Aufgabenträgern der Feuerwehr und den Sanitäts­or­ga­ni­sa­tionen betreffe, jedoch keine Kosten­tra­gungs­pflicht der gesetzlichen Krankenkassen dem Grunde nach begründe.

Erstzugriff auf Patienten kein geeignetes Abgren­zungs­kri­terium

Die gesetzlichen Voraussetzungen des LBKG für eine Koste­n­an­for­derung gegenüber der Klägerin lägen hier vor. Diese habe die Feuerwehr der Beklagten "zur Unterstützung bei rettungs­dienst­lichen Aufgaben" angefordert. Wie das Verwal­tungs­gericht zutreffend angenommen habe, sei eine solche Unterstützung bei rettungs­dienst­lichen Aufgaben nicht schon immer dann anzunehmen, wenn ein Rettungseinsatz der Feuerwehr eine Rettungsfahrt mit anschließender Behandlung in einer Klinik oder einer anderen Behand­lungs­ein­richtung zur Folge habe. Nicht zu folgen sei jedoch der Ansicht der Vorinstanz, dass eine für den Rettungsdienst kosten­pflichtige Mitwir­kungs­handlung der Feuerwehr jedenfalls dann vorliege, wenn der Patient durch den Rettungsdienst mit eigenen Mitteln erreicht werden könne und so dessen Erstzugriff in zumutbarer Weise möglich sei. Dieses Abgren­zungs­kri­terium ergebe sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus dem in der Geset­zes­be­gründung zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers. Zudem sei eine Differenzierung danach, wem der Erstzugriff auf den Patienten möglich sei, angesichts der Vielge­stal­tigkeit der möglichen Situationen und einem denkbaren zeitlich parallelen Tätigwerden von Feuerwehr und Rettungsdienst für die Frage, ob die Feuerwehr zur Unterstützung rettungs­dienst­licher Aufgaben tätig geworden sei, nicht in jedem Fall sachgerecht.

Unterstützung des Rettungs­dienstes bei Transporthilfe gegeben

Eine Unterstützung bei rettungs­dienst­lichen Aufgaben liege vielmehr zumindest dann vor, wenn der Einsatz der Feuerwehr ausschließlich bei der Durchführung einer rettungs­dienst­lichen Aufgabe erfolge und ohne den rettungs­dienst­lichen Einsatz keine Notwendigkeit eines Einsatzes der Feuerwehr bestanden hätte. Werde daher die Feuerwehr ausschließlich bei der Beförderung des Patienten tätig und hätte ohne den rettungs­dienst­lichen Einsatz keine Notwendigkeit hierfür bestanden, handele sie zur Unterstützung bei rettungs­dienst­lichen Aufgaben. Werde ein Einsatz der Feuerwehr hingegen unabhängig oder bloß neben rettungs­dienst­lichen Aufgaben, insbesondere nicht zur Unterstützung bei einer Trans­port­leistung nötig, sei dies nicht als Unterstützung bei rettungs­dienst­lichen Aufgaben zu werten.

Notfa­ll­transport mit Hilfe der Feuerwehr hier notwendig

Hier habe der Notfa­ll­transport des Patienten von seiner Wohnung bis zum Rettungswagen mit Hilfe der Feuerwehr der Beklagten durch den Einsatz einer Drehleiter durchgeführt werden müssen, da aufgrund der gesund­heit­lichen Situation des intubierten und beatmeten Patienten mit Schlag­an­fa­lls­verdacht ein Transport durch das Treppenhaus mittels Trage oder Tragetuch letztlich aus medizinischen Gründen nicht möglich gewesen sei. Ohne den gesund­heit­lichen Zustand des Patienten, der zum Einsatz des Rettungs­dienstes geführt habe, hätte keine Notwendigkeit für den Einsatz der Feuerwehr bestanden.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Koblenz, ra-online (pm/ab)

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