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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss14.05.2007

Keine Auslieferung eines anerkannten Asylbewerbers an die Republik Türkei

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hat die Auslieferung eines türkischen Staats­an­ge­hörigen, der in der Bundesrepublik Deutschland rechtskräftig als Asylbewerber anerkannt ist, an die Republik Türkei für unzulässig erklärt.

Der Verfolgte wurde 1995 durch ein türkisches Staats­si­cher­heits­gericht zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten und terroristischen Vereinigung verurteilt. Er sei Mitglied der verbotenen TKP/ML-TIKKO gewesen, die in Adana und Umgehung Straftaten, darunter Tötungsund Raubdelikte, begangen habe. Mit weiteren Mitgliedern sei er an der Vorbereitung eines Überfalls auf einen Landwirt beteiligt gewesen, der am 13. Juni 1992 von mehreren Mitgliedern überfallen, beraubt und getötet worden sei. 1996 reiste der Verfolgte in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde nach rechtskräftigem Urteil des Verwal­tungs­ge­richts Stuttgart als Asylbe­rech­tigter anerkannt, weil das türkische Strafverfahren als politische Verfolgung zu werten sei. 2005 setzte ein türkisches Gericht die Strafe auf sechs Jahre und drei Monate herab. Nunmehr ersucht die Republik Türkei um Auslieferung des Verfolgten zur Vollstreckung dieser Strafe. Das Bundes­mi­nis­terium der Justiz hat mitgeteilt, in der Bundesregierung bestünden keine Bedenken, die Auslieferung zu bewilligen, wenn sie gerichtlich für zulässig erklärt werde.

Das Gericht hat offen gelassen, ob der Verfolgte politisch verfolgt wurde und ob ihm noch heute politische Verfolgung droht. Er hat aber begründete Anhaltspunkte dafür gesehen, dass der Verfolgte 1993 in türkischem Polizei­ge­wahrsam gefoltert wurde und seine Verurteilung auf einem hierdurch erzwungenen Geständnis – dessen Wahrheitsgehalt der Senat offen gelassen hat – beruhte. Der Senat hat weiterhin im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründete Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die früheren türkischen Staats­si­cher­heits­ge­richte keine unabhängigen und unparteilichen Gerichte waren, weil einer der drei Richter dem Militär angehörte. Deshalb hat der Senat entschieden, dass die türkische Verurteilung nicht mit den völkerrechtlich verbindlichen Mindest­standards und den unabdingbaren verfas­sungs­recht­lichen Grundsätzen der deutschen öffentlichen Ordnung im Einklang stand. Die Herabsetzung der Strafe im Jahr 2005 änderte hieran nichts.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 14.05.2007

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