21.11.2024
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Sie sehen drei Hände erschiedener Hautfarbe vor einer Weltkarte.

Dokument-Nr. 3265

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss27.10.2006

Keine Auslieferung bei bloßer Teilnahme an unfriedlicher DemonstrationAuslie­fe­rungs­er­suchen der Türkei unzulässig

Die türkischen Justizbehörden werfen dem heute 33-jährigen Verfolgten in einem Haftbefehl des Schwurgerichts in Ankara vom 23.6.2005 sowie einer Anklage der Oberstaats­an­walt­schaft in Sivas vom 4.8.1993 die Beteiligung an der versuchten gewaltsamen Veränderung der türkischen Gesellschaft nach Art. 146 Abs. 3 des türkischen Straf­ge­setz­buches (TürkStGB) vor.

Hintergrund des Verfahrens ist ein alevitisches Kulturfestival in der anatolischen Stadt Sivas im Juli 1993, bei welchem es anlässlich einer Demonstration von 10.000 bis zu 15.000 Personen zu gewalttätigen Ausschreitungen und zum Tode von 35 Menschen kam, welche sich in einem in Brand gesetzten Hotel befanden.

Der Senat hat eine Auslieferung abgelehnt, weil ernstliche Gründe dafür bestehen, dass der Verfolgte nur wegen einer politischen Tat ausgeliefert werden solle und dies nach dem Europäischen Auslie­fe­rungs­über­ein­kommen vom 13.12.1957 nicht zulässig ist (Art. 3 Abs.1 EuAlÜbk). Aus den übermittelten Unterlagen der türkischen Justizbehörden ergebe sich nur, dass der Verfolgte bei dieser Versammlung anwesend war, welche Rolle er bei den Ausschreitungen inne hatte, bleibe hingegen offen. So lägen keine zureichenden Verdachts­momente vor, dass der Verfolgte zu den Tätern gehörte, welche am 2.7.1993 die Barrikaden vor dem Hotel Madimak überschritten und dieses in Brand gesetzt hatten. Aus den vorgelegten Dokumenten ergäbe sich vielmehr, dass er von den türkischen Justizbehörden gerade nicht als ein solcher "unmittelbarer Täter" angesehen wurde, sondern lediglich wegen seiner Teilnahme an dem Pro-testmarsch der untergeordneten Teilnahme nach Art. 146 Abs. 3 TürkStGB verdächtig sei. Selbst wenn der Verfolgte sich aber inmitten der Menge von etwa 15.000 Personen vor dem Hotel befunden und mit dieser Parolen gerufen haben sollte, belege dies noch nicht, dass er mit der Feuerlegung und der Tötung von Menschen einverstanden gewesen sei und diese gebilligt habe, zumal die Demonstranten nicht organisiert gewesen seien.

Erläuterungen

Hinweis auf die Rechtslage:

Art. 3 EuAlÜbk (Politisch strafbare Handlungen)

(1) Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn die strafbare Handlung, deretwegen sie begehrt wird, vom ersuchten Staat als eine politische oder als eine mit einer solchen zusam­men­hängende strafbare Handlung angesehen wird.

Art. 146 des Türkischen Strafgesetzbuch

(1) Wer mit Gewalt versucht, die Verfassung der türkischen Republik ganz oder teilweise zu ändern und zu verändern oder die auf Grund dieser Verfassung gebildete Grosse Natio­na­l­ver­sammlung zu sprengen oder an der Ausübung ihrer Befugnisse zu hindern, wird mit dem Tode bestraft (Die Todesstrafe wurde gemäß Gesetz Nr. 5218 § 1/A vom 14.7.2004 auf erschwerte lebenslängliche Freiheitsstrafe geändert).

(3) Wer sich an den in den im ersten Absatz erwähnten Taten oder in der im zweiten Absatz erwähnten Weise als Mittäter beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von fünf bis 15 Jahren bestraft und als Nebenfolge von der Bekleidung öffentlicher Ämter ausgeschlossen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 31.10.2006

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