14.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss23.08.2006

Auslieferung eines zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten in die Türkei abgelehntDeutsches Gericht hat Zweifel an einem fairen Verfahren in der Türkei

Der 2. Strafsenat des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 23. August 2006 die Auslieferung des Verfolgten Karaca in die Türkei für unzulässig erklärt und den Auslie­fe­rungs­haft­befehl aufgehoben.

Der Verfolgte wurde 1996 vom Staatlichen Sicher­heits­gericht in Izmir insbesondere wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, schweren Raubes, räuberischer Erpressung und gefährlicher Körper­ver­letzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zum Zwecke der Geldbeschaffung überfiel er zusammen mit weiteren Aktivisten u.a. eine Bank. Dazu überwältigten sie zunächst einen Taxifahrer, fesselten diesen und sperrten ihn in den Kofferraum ein. Auf der Flucht aus der Bank kam es zu einer Schießerei, wobei sie einen Genda­r­me­rie­soldat lebens­ge­fährlich verletzten. Bei diesem Verbrechen wurde der Verfolgte auf frischer Tat ertappt. Die nach einem Hungerstreik gewährte Haftverschonung nutzte der Verfolgte zur Flucht in die Bundesrepublik Deutschland.

Der Senat musste die Auslieferung des Verfolgten in die Türkei zur restlichen Straf­voll­streckung allerdings für unzulässig erklären, weil nach Prüfung der gesamten Auslie­fe­rungs­un­terlagen letztlich zweifelhaft blieb, ob dem Verfolgten die Garantien des Art. 6 EuMRK ( Europäische Menschen­rechts­kon­vention) auf ein faires Verfahren gewährt wurden. Problematisch war insbesondere, dass dem Spruchkörper des Staatlichen Sicher­heits­ge­richts – das 2004 reformiert wurde – ein Militärrichter angehörte, so dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Bedenken an der Unabhängigkeit und Unpar­tei­lichkeit des Gerichts bestanden. Die Zweifel am Bestehen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Auslie­fe­rungs­hin­der­nisses waren zu Gunsten des Verfolgten zu berücksichtigen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 23.08.2006

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