18.10.2024
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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss25.08.2011

OLG Stuttgart hebt Verfügung im Missbrauchs­ver­fahren der Landes­kar­tell­behörde Baden-Württemberg gegen die Energie Calw GmbH aufGericht hält Missbrauchs­kon­trolle trotz Verfü­gungs­auf­hebung für gerechtfertigt

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hat die Verfügung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energie­wirt­schaft (ehemals Wirtschafts­mi­nis­terium) Baden-Württemberg gegen die Energie Calw GmbH aufgehoben.

Im vorliegenden Fall ist der Verfügung wegen einem so genannten Missbrauchs­ver­fahren nach §§ 19, 32 ff des Gesetzes gegen Wettbe­wer­bs­be­schrän­kungen (GWB) ergangen.

Tarif-Wasserkunden sollten laut Verfügung nicht mehr als 1,82 Euro je Kubikmeter zahlen

Mit dieser Verfügung sollte die Energie Calw GmbH verpflichtet werden, für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 bei allen Tarif-Wasserkunden bei der Berechnung der Wasserentgelte einen Nettopreis von nicht mehr als 1,82 Euro je Kubikmeter anzulegen; im Fall bereits erfolgter Endabrechnung sollte bis zum 31. Mai 2011 allen Wasserkunden die Differenz erstattet werden.

OLG: Preis­miss­brauchs­kon­trolle von Landes­kar­tell­behörde nicht genügend vorgenommen

Der Kartellsenat konnte die Prüfmethodik der Landeskartellbehörde schon im Ansatz nicht billigen. Er beanstandete, dass von ihr nicht die von § 19 Abs. 4 Nr.2 GWB für eine Preismissbrauchskontrolle vorrangig gebotene Untersuchung und Darstellung nach dem so genannten Vergleichs­ma­rkt­konzept ("Als-Ob-Wettbewerb") vorgenommen worden, sondern stattdessen eine Kosten- und Kalku­la­ti­o­ns­kon­trolle nach eigenen Kalku­la­ti­o­ns­maß­stäben erfolgt ist. Die Rahmen­be­din­gungen für eine kartell­rechtliche Bewertung stellen sich - so der Senat - nach dem Willen des Gesetzgebers grundlegend anders dar als bei Elektrizität und Gas. Zwar ist eine Kosten- und Kalku­la­ti­o­ns­kon­trolle der Kartellbehörde nicht grundsätzlich verwehrt. Liegt allerdings wie hier, worauf die Landes­kar­tell­behörde selbst verwiesen hat, eine ersichtlich vollständige Übersicht über die Tarife der privaten Wasserversorger vor, so ist jenem - wenngleich monopolistisch strukturierten - Vergleichsmarkt im Rahmen der Missbrauchs­be­wertung Geltung zu verschaffen.

OLG: Missbrauchs­kon­trolle bei Energie Calw GmbH trotz Aufhebung angebracht

Zur Missbräuch­lichkeit der von der Energie Calw GmbH geforderten Wasserentgelte hat sich das Gericht nicht abschließend geäußert, da die Verfügung schon wegen des von der Landes­kar­tell­behörde gewählten Kontrol­l­in­stru­men­tariums aufzuheben war. Im Rahmen der Begründung seiner Kosten­ent­scheidung, wonach jeder Verfah­rens­be­teiligte seine außer­ge­richt­lichen Kosten selbst tragen muss, hat der Senat jedoch zu erkennen gegeben, dass es nach seiner Ansicht nicht fraglich war, dass die Landes­kar­tell­behörde eine Missbrauchs­kon­trolle üben durfte und diese insbesondere bei der Energie Calw GmbH angezeigt erschien, da diese im Feld der ausschließlich monopolisierten Wasserversorger zu den absolut teuersten gehörte, in einem späteren Erfas­sungs­zeitraum gar der teuerste war. Dies gebiete gleichsam eine Kontrolle. Auch sei nicht fern liegend, dass eine Kontrolle mit einem billigenswerten Ansatz zu einem ähnlichen Ergebnis wie dem führe, das in der angegriffenen, aber aufzuhebenden Verfügung niedergelegt ist.

Erläuterungen
Gesetz gegen Wettbe­wer­bs­be­schrän­kungen (auszugsweise)

§ 19 Missbrauch einer markt­be­herr­schenden Stellung

(1) Die missbräuchliche Ausnutzung einer markt­be­herr­schenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Unternehmen ist markt­be­herr­schend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt

1. ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist ...

(4) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein markt­be­herr­schendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

...

2. Entgelte oder sonstige Geschäfts­be­din­gungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrschein­lichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhal­tens­weisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen; ...

Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart/ra-online

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