21.11.2024
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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss05.09.2013

OLG Stuttgart zur Preis­missbrauchs­kontrolle von Wasserpreisen der Energie Calw GmbHLandes­kartell­behörde muss Preise auf Grundlage der vom Gericht aufgestellten Einze­lbewertungs­ansätze erneut kalkulieren

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hat eine Verfügung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energie­wirt­schaft (ehemals Wirtschafts­ministerium) Baden-Württemberg (erneut) aufgehoben, die in einem Missbrauchs­verfahren nach §§ 19, 32 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbs­beschränkungen (GWB) gegen die Energie Calw GmbH als Wasser­versorgungs­unternehmen ergangen war.

Im zugrunde liegenden Fall erließ das Ministeriums für Umwelt, Klima und Energie­wirt­schaft (ehemals Wirtschafts­mi­nis­terium) Baden-Württemberg als Landeskartellbehörde am 24. Februar 2011 eine Verfügung, mit der die Energie Calw GmbH (Beschwer­de­führerin) - das Wasser­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen der Stadt Calw - verpflichtet werden sollte, für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 bei allen Tarif-Wasserkunden bei der Berechnung der Wasserentgelte - statt der verlangten 2,79 €/Kubikmeter - einen Nettopreis von nicht mehr als 1,82 €/Kubikmeter anzusetzen; im Fall bereits erfolgter Endabrechnung sollte bis zum 31. Mai 2011 allen Wasserkunden die Differenz erstattet werden.

Landes­kar­tell­behörde legt bei Kosten- und Kalku­la­ti­o­ns­prüfung zu Unrecht Kalku­la­ti­o­ns­regeln für Strom- und Gasnetze zugrunde

In einer ersten Entscheidung vom 25. August 2011 hatte der Kartellsenat des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart die Verfügung aufgehoben, da die Landes­kar­tell­behörde bei ihrer Kosten- und Kalku­la­ti­o­ns­prüfung zu Unrecht die Kalku­la­ti­o­ns­regeln für Strom- und Gasnetze zugrunde gelegt habe und der Gesetzgeber - so der Senat in seiner ersten Entscheidung - bewusst von vergleichbaren Regelungen im Bereich der Wasser­ver­sorgung abgesehen habe.

BGH hebt Entscheidung des OLG auf

Auf die Rechts­be­schwerde der Landes­kar­tell­behörde hat der Bundes­ge­richtshof mit Beschluss vom 15. Mai 2012 diese erste Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart aufgehoben und entschieden, dass eine Preiskontrolle nach den spartenfremden Verordnungen für die Strom- und Gasnetze zulässig ist, falls Unsicherheiten durch Zuschläge ausgeglichen werden. Ein Preismissbrauch sei erst anzunehmen, wenn der tatsächliche Preis den ermittelten Wettbe­wer­b­spreis weit übersteige, wobei ein Erheb­lich­keits­zu­schlag vorzunehmen sei.

Vom Wasserversorger als Monopol­un­ter­nehmen gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB vorzunehmende Kalkulation teilweise zu beanstanden

Der 2. Zivilsenat hatte nunmehr zu prüfen, ob die Landes­kar­tell­behörde in der angefochtenen Verfügung vom 24. Februar 2011 in Anlehnung an die Verordnungen für Strom- und Gaspreise eine richtige Kalkulation mit angemessenen Zuschlägen vorgenommen hat. In der Entscheidung hob der Kartellsenat die Verfügung der Landes­kar­tell­behörde vom 24. Februar 2011 erneut auf, weil die Kalkulation, die der Wasserversorger als Monopol­un­ter­nehmen gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB vorzunehmen hat („Als-Ob-Wettbewerb“), zumindest teilweise zu beanstanden sei. In etlichen Kalku­la­ti­o­ns­an­sätzen sei - so der Senat - der Landes­kar­tell­behörde methodisch und sachlich zu folgen, bei einzelnen Positionen seien jedoch die Bewertungen des Wasser­ver­sorgers zu berücksichtigen, weshalb der Landes­kar­tell­behörde aufgegeben wurde, auf der Grundlage der vom Senat aufgestellten Einzel­be­wer­tungs­ansätze (etwa vor allem Werbungskosten, Zuschlüsselung von Perso­na­l­auf­wen­dungen einschließlich Abfindungen, kalkulatorische Kosten, Behandlung des Anlagevermögens und Kosten der Wasser­be­schaffung) eine neue Verfügung zu treffen.

Gesetz gegen Wettbe­wer­bs­be­schrän­kungen (auszugsweise)

§ 19 Missbrauch einer markt­be­herr­schenden Stellung

Erläuterungen

(1) Die missbräuchliche Ausnutzung einer markt­be­herr­schenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Unternehmen ist markt­be­herr­schend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt

1. ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder [...]

(4) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein markt­be­herr­schendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen [...]

2. Entgelte oder sonstige Geschäfts­be­din­gungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrschein­lichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhal­tens­weisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen; [...]

Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart/ra-online

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