19.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 24995

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Beschluss17.09.2015Oberlandesgericht Stuttgart11 UF 76/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FuR 2016, 363Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2016, Seite: 363
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Vorinstanz:
  • Amtsgericht Göppingen, Beschluss18.03.2015, 10 F 71/15
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss17.09.2015

Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahrs aufgrund Aufnahme einer neuen Beziehung während lebens­be­droh­licher Erkrankung des anderen EhegattenFortsetzung der Ehe für erkrankten Ehegatten unzumutbar

Nimmt ein Ehegatte während einer lebens­be­droh­lichen Erkrankung des anderen Ehegatten eine neue Beziehung auf und macht diese öffentlich, so ist dem erkrankten Ehegatten die Fortsetzung der Ehe bis zum Ablauf der erforderlichen Trennungszeit unzumutbar. Er kann daher noch vor Ablauf der Trennungszeit gemäß § 1565 Abs. 2 BGB die Scheidung beantragen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Stuttgart entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Ehefrau war seit einigen Jahren lebens­be­drohlich erkrankt. Nachdem die Ärzte die Heilungschancen ausgeschlossen haben, erfolgte nur noch eine palliative Behandlung. Die Lebenserwartung der Ehefrau war ungewiss. In dieser Situation nahm der Ehemann im Jahr 2014 eine neue Beziehung auf. Seiner Ehefrau erzählte er davon nichts. Es erfolgte auch keine Trennung. Die Ehefrau erfuhr von der Beziehung, die ihr Ehemann auch nach außen zeigte, durch einen Dritten. Da der Ehemann in der Folgezeit nicht bereit war, die außereheliche Beziehung zu beenden, beantragte die Ehefrau noch vor Ablauf des ersten Trennungsjahrs die Scheidung.

Amtsgericht gab Schei­dungs­antrag statt

Das Amtsgericht Göppingen gab dem Schei­dungs­antrag statt. Es begründete dies damit, dass der Ehebruch und das Nachaußentragen der Beziehung aufgrund der gesund­heit­lichen Situation der Ehefrau und der damit einhergehenden Belastung eine unerträgliche Situation darstelle. Gegen diese Entscheidung legte der Ehemann Beschwerde ein. Er führte an, ebenfalls unter der langjährigen Krankheit der Ehefrau zu leiden. Er sei psychisch stark belastet gewesen und habe Trost gesucht. Er habe wieder "Leben wollen".

Oberlan­des­gericht bejaht ebenfalls Ehescheidung noch vor Ablauf der Trennungszeit

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Beschwerde des Ehemanns zurück. Aufgrund des Vorliegens eines Härtegrundes im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB sei die Ehescheidung schon vor Ablauf der Trennungszeit möglich gewesen.

Vorliegen eines Härtefalls aufgrund außerehelicher Beziehung während lebens­be­droh­licher Erkrankung

Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts habe ein Härtefall vorgelegen, der die Fortsetzung der Ehe für die Ehefrau bis zum Ablauf der notwendigen Trennungszeit unzumutbar gemacht habe. Zwar sei ein Treubruch allein und das Auftreten mit dem neuen Partner in der Öffentlichkeit kein Härtefall. Jedoch sei der Ehebruch im vorliegenden Fall angesichts der gesund­heit­lichen Situation der Ehefrau besonders verletzend gewesen. Dies gelte auch unter Berück­sich­tigung der psychisch belastenden Situation für den Ehemann. Die Ehefrau sei besonders verletzlich und hilflos gewesen. Zwischen ihrer und der Situation des Ehemanns habe ein erhebliches Ungleichgewicht bestanden. Denn während der Ehemann ein neues Leben mit seiner Freundin plante, habe für die Ehefrau keine Perspektive auf ein Weiterleben bestanden.

Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)

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