14.11.2024
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Dokument-Nr. 8209

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Urteil27.07.2009Oberlandesgericht Stuttgart102 U 1/09
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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil27.07.2009

Oberlan­des­gericht Stuttgart: Baurechtlicher Streit gegen die Stadt Heilbronn entschiedenGrund­s­tücks­ei­gentümer haben keinen Anspruch auf Entschädigung

Die Eigentümer zweier Grundstücke konnten ihre Entschä­di­gungs­ansprüche gegen die Stadt Heilbronn in einem über zwanzig Jahre dauerndem Rechtsstreit hinsichtlich eines Bebauungsplans für Ihre Grundstücke nicht durchsetzen. Für einen Entschä­di­gungs­antrag gäbe es keine Rechtsgrundlage. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Stuttgart.

Mit dem Urteil hat das Oberlan­des­gericht auf die Berufung der Stadt Heilbronn das Urteil des Landgerichts Stuttgart abgeändert und den Hauptantrag der Antragsteller auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 1.095.000,- € zzgl. Zinsen sowie den Hilfsantrag auf Übernahme des Grundstücks 829/1 durch die Stadt Heilbronn gegen Zahlung einer Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts von 904.950,00 € abgewiesen.

Sachverhalt

Die Antragsteller sind die Eigentümer der Flurstücke Nr. 829 und 829 / 1 in Heilbronn. Auf den Grundstücken befindet sich eine umfriedete, privat genutzte Parkanlage mit der denkmal­ge­schützten, zu privaten Wohnzwecken genutzten Villa Mertz. Seit dem Jahr 1939 waren die Grundstücke als Wohngebiet mit Gewer­be­be­trieben ausgewiesen. Nachdem im Jahr 1982 die Stadt Heilbronn beschlossen hatte, für das Gebiet mit den Grundstücken der Antragsteller einen neuen Bebauungsplan aufzustellen, bekundeten die Antragsteller gegenüber der Stadt Heilbronn ihre Bauabsicht für drei jeweils abgestufte Baukörper mit insgesamt 51 Wohneinheiten und Tiefgarage.

Einwände der Antragsteller gegen Bebauungsplan erfolglos

Mit öffentlicher Bekanntmachung vom 21.5.1987 trat der Bebauungsplan "Götzenturmpark" in Kraft. Er weist auf den Flurstücken 829 und 829 / 1 im wesentlichen eine öffentliche Grünfläche (Parkanlage mit innerer Erschließung) und eine Fläche für den Gemeinbedarf (Kindergarten) aus. Am Standort der denkmal­ge­schützten Villa sind bauliche Anlagen im gastronomischen und kulturellen Bereich zulässig. Die Einwendungen der Antragsteller gegen den Bebauungsplan blieben ausweislich des Urteils des VGH Baden-Württemberg vom 7.12.1989 (AZ: 3 S 1842/88), des Beschlusses des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts vom 21.2.1991 (AZ: 4 NB 16/90) und des Kammer­be­schlusses des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 22.2.1999 (AZ: 1 BvR 565/91) ohne Erfolg.

Umsetzung des Bebauungsplanes nicht erfolgt

Die Stadt Heilbronn hat bislang nichts unternommen, um die Festsetzungen des Bebauungsplans "Götzenturmpark" umzusetzen. Der Bedarf für den ausgewiesenen Kindergarten ist inzwischen entfallen. Ob der Bedarf für einen Kindergarten oder für eine Kinder­ta­gesstätte in dieser Lage wieder entstehen wird, ist offen. Es ist derzeit auch nicht absehbar, dass die Stadt Heilbronn den geplanten öffentlichen Park einrichten will. Die Antragsteller können ihren Bauwunsch weiterhin nicht umsetzen und verlangen von der Stadt Heilbronn dafür eine Entschädigung, hilfsweise die Übernahme eines der beiden betroffenen Grundstücke durch die Stadt Heilbronn gegen Zahlung des Verkehrswerts für ein bebaubares Grundstück.

Das Landgericht hat dem Antrag dem Grunde nach stattgegeben.

Vergleichs­vor­schlag von Antragsstellern abgelehnt

Der Senat für Baulandsachen hat über die Berufung der Stadt Heilbronn gegen dieses Urteil am 13.07.2009 verhandelt. Ein Vergleichs­vor­schlag des Senats, wonach die Antragsteller die Villa Mertz behalten, sie einen Teil des Parks bei der Villa Mertz, den die Antragsteller nach derzeitigen Stand als privaten Park erhalten wollen, für die Öffentlichkeit zugänglich machen und die Antragsteller das Grundstück, auf dem ursprünglich der Bau eines Kindergartens geplant war, nach eigenen Vorstellungen im Rahmen des rechtlich Möglichen bebauen dürfen, ist schon am Widerstand der Antragsteller gescheitert. Über die Ausein­an­der­setzung der Beteiligten hat der Baulandsenat daher durch Urteil entschieden.

Einschränkungen werden durch Planungs­scha­densrecht ausgeglichen

Der Baulandsenat sieht für den Entschä­di­gungs­antrag keine Rechtsgrundlage. Einschränkungen, die ein Eigentümer vor allem durch gemeinnützige Festsetzungen in einem Bebauungsplan hinnehmen muss, werden durch das Planungs­scha­densrecht nach den §§ 39 ff Baugesetzbuch (BauGB) ausgeglichen. Danach kann ein Eigentümer, der durch bestimmte, in § 40 Abs. 1 BauGB genannten Festsetzungen des Bebauungsplans - wie hier einer öffentlichen Grünfläche und einer Fläche für einen Kindergarten - wirtschaftlich unzumutbar beeinträchtigt ist, entscheiden, ob er das Grundstück mit den durch den Bebauungsplan verursachten Einschränkungen grundsätzlich ohne Ausgleich bis zu einer eventuellen Enteignung behält oder ob die planende Gemeinde das Grundstück gegen eine Entschädigung übernehmen soll. Ist die Gemeinde zu letzterem nicht bereit, kann der Eigentümer sie über ein Selbs­t­en­t­eig­nungs­ver­fahren zwingen, das durch die Planung beschränkt nutzbare Grundstück oder Teile davon gegen Zahlung einer Entschädigung zu übernehmen. Wenn die Gemeinde dann nicht innerhalb der von der Enteig­nungs­behörde zu stellenden Frist die Festsetzungen des Bebauungsplans umsetzt, hat der frühere Eigentümer einen Anspruch auf Rückgabe des Grundstücks.

Vom Antragssteller geforderte Aufsplittung des Entgelts nicht möglich

Die §§ 39 ff. BauGB sehen eine Aufsplittung des Entgelts für die Übernahme der Flächen nicht - wie von den Antragstellern gewünscht - in der Art vor, dass zuerst der Wertverlust ihrer Grundstücke durch die verringerte Nutzbarkeit als öffentliche Grünfläche anstelle von Bauland und später bei der Übernahme bzw. Enteignung der restliche Wert einer öffentlichen Grünfläche und Gemein­be­da­rfs­fläche auszugleichen wäre.

Grund­s­tücks­ei­gentümer erhalten laut Gericht angemessenen Ausgleich

Nach Auffassung des Gerichts geben die Regelungen im Planungs­scha­densrecht dem Eigentümer einen am Schutz des Eigentums nach Art. 14 Grundgesetz (GG) orientierten angemessenen Ausgleich für die Beein­träch­ti­gungen seines Eigentums durch eine Bauplanung. Zwar kann im Einzelfall ein Eigentümer daran interessiert sein, statt der Übernahme eine Geldent­schä­digung zu verlangen und sein in der baulichen Nutzung eingeschränktes Grundstück zu behalten. Der Gesetzgeber hat jedoch in verfas­sungs­kon­former Weise den Eigentümer unter Ausschluss der Geldent­schä­digung auf den Übernah­mean­spruch oder das Behalten des Grundstücks ohne finanziellen Ausgleich verwiesen. Dass, wie von den Antragstellern gerügt, bei einem Antrag auf Selbs­t­en­t­eignung und bei einem unterbliebenen Antrag der Gemeinde auf Enteignung die Enteig­nungs­vor­aus­set­zungen nie geprüft werden, ist angesichts der Wahl des Eigentümers, das Grundstück zu behalten oder gegen Ausgleich abzugeben, verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden.

Auch der Hilfsantrag auf Übernahme eines der beiden Grundstücke (829/1) gegen Zahlung einer Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts hatte keinen Erfolg. Vor einer gerichtlichen Entscheidung ist nämlich auf Antrag der Eigentümer ein Verwal­tungs­ver­fahren nach § 43 BauGB durchzuführen. Diesen Antrag haben die Antragsteller bislang nicht gestellt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 27.07.2009

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