Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss04.12.2024
Vom Kind miterlebte häusliche Gewalt eines Elternteils gegen das andere Elternteil kann Umgangsausschluss rechtfertigenAuswirkung der miterlebten Gewalt auf Kind in Form von psychischer Gewalt
Erlebt ein Kind häusliche Gewalt eines Elternteils gegen das andere Elternteil mit, so kann dies gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB zu einem Umgangsausschluss führen. Die miterlebte Gewalt wirkt sich auf das Kind in Form von psychischer Gewalt aus. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall schloss das Amtsgericht Ottweiler im März 2024 den Umgang des Vaters mit seinem 11 Jahre alten Sohn für sechs Monate aus. Hintergrund dessen waren massive Gewalttaten und Beleidigungen des Kindesvaters gegenüber der Kindesmutter. Das Kind war aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung in Therapie und wollte seinen Vater nicht sehen. Gegen den Umgangsausschluss legte der Kindesvater Beschwerde ein.
Ausschluss des Umgangsrechts wegen Kindeswohlgefährdung
Das Oberlandesgericht Saarbrücken bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Der Umgang des Vaters sei wegen einer Kindeswohlgefährdung gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB auszuschließen. Hat der Umgangsberechtigte Gewalt gegen den anderen Elternteil ausgeübt, müssen bei der Entscheidung über den Umgang die fortbestehenden Belastungen durch die erlebte Gewalt sowie die Gefahren wegen andauernder Angst und Bedrohung berücksichtigt werden. Dies gebiete schon Art. 31 der Istanbul-Konvention.
Auswirkung der miterlebten Gewalt auf Kind in Form von psychischer Gewalt
Vom Kind miterlebte Gewalt seines Elternteils gegen seinen anderen Elternteil wirke sich in Form psychischer Gewalt direkt auf das Kind aus, so das Oberlandesgericht. Es sei abhängig von demjenigen, der es betreut und versorgt, und identifiziere sich mit ihm. Deswegen erlebe das Kind Gewalt gegen den betreuenden Elternteil auch als Bedrohung gegen sich selbst. Sein eigenes Stresssystem reagiere intensiv. Aus der Bindungsforschung sei belegt, dass der Besuchskontakt und Umgang mit leiblichen Eltern nach traumatischen Erfahrungen mit Täter-Eltern beim Kind erneute Angst erzeuge und es zu einer Re-Traumatisierung kommen könne. Dabei könne auch ein begleiteter Umgang an sich keine emotionale Sicherheit bieten.
Umgangsrecht erst bei Bereitschaft des Kindes und Aufarbeitung des gewalttätigen Verhaltens
Bevor in Fällen vom Kind miterlebter schwerer häuslicher Gewalt Umgang in Betracht komme, müsse nach Ansicht des Oberlandesgerichts die Bereitschaft des Kindes dazu vorliegen, den Täter wieder zu sehen. Zudem müsse verlässlich geklärt sein, ob sich der nachweislich gewalttätige Elternteil nicht nur zu seinen Taten bekannt hat, sondern auch in tragfähiger Weise Verantwortung dafür übernommen hat. Dies erfordere insbesondere die Erarbeitung eines Weges, wie er dem Kind sein Bedauern über die ihm zugefügte Belastung zum Ausdruck bringt und sich adäquat im Umgang mit ihm verhalten kann.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.03.2025
Quelle: Oberlandesgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)