Oberlandesgericht Jena Beschluss28.01.2025
Kein Umgangsausschluss wegen miterlebter Partnerschaftsgewalt ohne vorheriges GutachtenGutachterliche Untersuchung zum Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung und Ausgestaltung des Umgangs
Vor einem Umgangsausschluss gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB wegen miterlebter Partnerschaftsgewalt, muss gutachterlich untersucht werden, ob die Umgangsausübung mit einer Kindeswohlgefährdung verbunden ist und inwiefern der Umgang ausgestaltet werden kann. Dies hat das Oberlandesgericht Jena entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2024 schloss das Amtsgericht Stadtroda nach Anhörung der Beteiligten und des Kindes den Umgang des Kindesvaters mit seinem vierjährigen Kind für die Dauer von zwei Jahren aus. Hintergrund dessen waren zwei Vorfälle im Juli 2023, in dem der Kindesvater die Kindesmutter schlug und beschimpfte während das Kind auf dem Schoß der Mutter saß. Gegen den Umgangsausschluss richtete sich die Beschwerde des Kindesvaters.
Unzureichende Sachaufklärung durch Amtsgericht
Das Oberlandesgericht Jena warf dem Amtsgericht eine unzureichende Sachaufklärung vor. Zwar habe der Kindesvater gegenüber der Kindesmutter Gewalt angewendet und das Kind habe dies miterlebt. Dies führe trotz der Istanbul-Konvention aber nicht automatisch zu einem Umgangsausschluss. Insofern sei das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.
Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens
Das Oberlandesgericht hielt es für notwendig ein Sachverständigengutachten einzuholen. Es müsse untersucht werden, ob und inwiefern bereits mit der bloßen Begegnung zwischen dem Vater und dem Kind eine Kindeswohlgefährdung einhergeht und inwieweit ein begleiteter Umgang oder ggfs. eine Umgangspflegschaft als milderes Mittel der Umgangsausgestaltung anzuordnen ist, um die Interessen der von der häuslichen Gewalt betroffenen Kindesmutter, die Interessen des Kindes und die Interessen des grundsätzlich umgangsberechtigten Kindesvaters in Ausgleich zu bringen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.04.2025
Quelle: Oberlandesgericht Jena, ra-online (vt/rb)