Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 1998 stürzte ein Mann auf einer nicht geräumten bzw. gestreuten Straße wegen Schneeglätte. Aufgrund des Sturzes erlitt der Mann ein Schädelhirntrauma 1./2. Grades sowie eine HWS- und LWS-Zerrung. Aufgrund dessen verlangte er von dem Eigentümer der Straße Schadenersatz und Schmerzensgeld. Der Straßeneigentümer wehrte sich gegen die Inanspruchnahme mit der Begründung, dass seine Haftung aufgrund des Schilds "Privatgrundstück, Parken verboten, Betreten und Befahren auf eigene Gefahr" ausgeschlossen sei. Zudem habe er den Eigentümern, der an seiner Straße angrenzenden Grundstücke, mittels notariellen Vertrags die Winterdienstpflicht übertragen. Er sei daher für die Räumung und das Streuen nicht verantwortlich gewesen. Der Geschädigte erhob schließlich Klage auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Das Landgericht Saarbrücken gab der Klage statt. Seiner Ansicht nach sei der Straßeneigentümer trotz Übertragung der Winterdienstpflicht auf die Grundstückseigentümer und trotz des Hinweisschilds verkehrssicherungspflichtig gewesen. Er habe daher für den Sturz gehaftet. Gegen diese Entscheidung legte der Straßeneigentümer Berufung ein.
Das Saarländische Oberlandesgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und wies die Berufung des Straßeneigentümers zurück. Dem Geschädigten habe ein Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld nach § 823 Abs. 1 BGB zugestanden.
Die Winterdienstpflicht sei nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht wirksam auf die Grundstückseigentümer übertragen worden. Denn dadurch sei die Verkehrssicherungspflicht nicht als Dienstbarkeit auf die Grundstückseigentümer übergegangen. Dies hätte die Bewilligung und Eintragung der entsprechenden Dienstbarkeit im Grundbuch vorausgesetzt. Ohnehin hätte eine wirksame Übertragung eine regelmäßige Kontroll- und Überwachungspflicht durch den Straßeneigentümer ausgelöst.
Die Haftung des Straßeneigentümers sei auch nicht durch das Hinweisschild ausgeschlossen gewesen, so das Oberlandesgericht weiter. Denn die Gestattung der Benutzung der Straße für die jeweiligen Grundstückseigentümer habe die Benutzung durch Mitbewohner und Besucher mit eingeschlossen. Zudem habe der Straßeneigentümer nicht das Befahren und Betreten verboten, sondern nur das Parken. Lässt bzw. duldet der Eigentümer den öffentlichen Verkehr auf seiner Straße, so müsse er grundsätzlich auch notwendige Verkehrssicherungsmaßnahmen ergreifen.
Dem Geschädigten sei aber nach Einschätzung des Oberlandesgerichts ein Mitverschulden von 1/3 an den Sturz anzulasten gewesen. Denn das Hinweisschild habe zwar nicht zu einem Haftungsausschluss geführt, es hätte den Geschädigten jedoch zu besonderer Vorsicht veranlassen müssen. Er hätte also seine Gehweise an den winterlichen Verhältnissen anpassen müssen.
Dem Geschädigten habe nach Ansicht des Oberlandesgerichts ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 EUR zugestanden. Dieser Betrag sei angesichts dessen, dass der Geschädigte über einen Zeitraum von fast zwei Monaten ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen musste und solche Schmerzen hatte, dass ihm über Wochen ein längeres Sitzen nicht möglich war, angemessen. Entsprechend des Mitverschuldens kürzte sich das Schmerzensgeld aber auf ca. 1.333 EUR.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.02.2014
Quelle: Oberlandesgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)