Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Telekommunikationsunternehmen erhöhte den Minutenpreis seines Internet-by-call-Tarifs von ,00199 EUR auf ,00249 DEUR. Zudem führte es ein zusätzliches Entgelt von 1,99 pro Einwahlvorgang ein. Die Erhöhung des Tarifs begründete das Unternehmen damit, dass es bei einigen Kunden durch einen Fehler im Minutentakt zu automatischen Einwahlvorgängen ins Internet gekommen sei. Dies habe zu einer Überlastung des Netzes geführt. Die erhöhten Preise sollten daher dazu dienen, die Kunden von häufigen Einwahlvorgängen abzuhalten. Von der Tariferhöhung erfuhren die Kunden aber erst mit Rechnungsstellung, die teilweise um das Fünfzig- bis Hundertfache über dem marktüblichen Preis lag. Ein Geschäftskunde hielt dies für unzulässig und weigerte sich zu zahlen. Seiner Meinung nach sei der ihm gestellte Rechnungsbetrag sittenwidrig überhöht gewesen. Das Telekommunikationsunternehmen erhob daraufhin Klage auf Zahlung. Das Landgericht Saarbrücken gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung des beklagten Geschäftskunden.
Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied zu Gunsten des Geschäftskunden und hob daher das erstinstanzliche Urteil auf. Dem Telekommunikationsunternehmen habe kein Anspruch auf Zahlung der Vergütung zugestanden. Denn die Preiserhöhung sei gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig gewesen.
Die Sittenwidrigkeit habe sich nach Ansicht des Oberlandesgerichts aus der wucherähnlichen Überhöhung des Internet-by-call-Tarifs ergeben, welche zu einer Rechnung führte, die um das Fünfzig- bis Hundertfache über dem marktüblichen Preis lag. Hinzu sei die verwerfliche Gesinnung des Telekommunikationsunternehmens gekommen.
Dem Telekommunikationsunternehmen sei, aus Sicht des Oberlandesgerichts, folgendem Grund eine verwerfliche Gesinnung hinsichtlich der Preiserhöhung anzulasten gewesen: Dem Unternehmen sei es bei der Tariferhöhung darum gegangen, durch hohe Rechnungsbeträge die Kunden von der automatischen und in kurzer Zeit stattfindenden Einwahl ins Internet abzuhalten. In diesem Zusammenhang sei es ihm bewusst gewesen, dass die Kunden erst durch die Rechnungsstellung von der vorgenommenen Preiserhöhung erfuhren und somit zu einem Zeitpunkt in dem die Forderung bereits entstanden war. Aus diesem Grund sei die Preiserhöhung nicht dazu geeignet gewesen, die Kunden von der automatischen Einwahl abzuhalten. Dies sei dem Telekommunikationsunternehmen bewusst gewesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei es zudem unerheblich gewesen, dass es zur automatischen Einwahl aufgrund eines Fehlers durch den Geschäftskunden kam. Denn das Telekommunikationsunternehmen sei vertraglich zur Rücksichtnahme verpflichtet gewesen. Dagegen habe das Unternehmen aber verstoßen, als es sich zu einer Preiserhöhung entschloss, die erst nach Rechnungsstellung und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die ruinöse Forderung bereits entstanden war, für den Kunden ersichtlich war.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.07.2014
Quelle: Oberlandesgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)