Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil26.02.2015
Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen grob fahrlässig verursachten Verkehrsunfalls sowie verzögerter Schadensregulierung durch gegnerische HaftpflichtversicherungVerkehrsunfallopfer erhält 35.000 Euro Schmerzensgeld
Verursacht ein Autofahrer einen Verkehrsunfall grob fahrlässig und verzögert seine Haftpflichtversicherung die Schadensregulierung, obwohl die Einstandspflicht eindeutig ist, so kann dies die Erhöhung des Schmerzensgeldes rechtfertigen. Zusammen mit mehreren durch den Unfall erlittenen Brüchen sowie unfallbedingter Folgeerscheinungen, kann dies ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 35.000 EUR begründen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aufgrund eines unverschuldeten Verkehrsunfalls erlitt ein 39-jähriger Autofahrer schwere Verletzungen. Dazu gehörten ein Beckenbruch, ein Bruch des linken Unterarms und der linken Augenhöhle, ein Nasenbeinbruch, eine Lungenquetschung sowie ein Schleudertrauma zweiten Grades. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zahlte an das Unfallopfer aufgrund der Unfallfolgen außergerichtlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 11.000 Euro. Da dies dem Unfallgeschädigten zu wenig war, erhob er Klage.
Landgericht sprach weitere 14.000 Euro zu
Das Landgericht Saarbrücken gab dem Unfallgeschädigten Recht und sprach ihm ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 14.000 Euro zu. Zuzüglich zu den bereits gezahlten 11.000 Euro stand ihm daher ein Schmerzensgeldanspruch von insgesamt 25.000 Euro zu. Dem Unfallgeschädigten war dies jedoch weiterhin zu wenig, so dass er Berufung einlegte.
Oberlandesgericht hält Schmerzensgeld von 35.000 Euro für angemessen
Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied zu Gunsten des Unfallgeschädigten und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Unfallgeschädigten habe aufgrund seiner unfallbedingten Verletzungen gemäß § 11 Satz 2 StVG, 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld von insgesamt 35.000 Euro zugestanden. Abzüglich des außergerichtlich gezahlten Betrags von 11.000 Euro und dem vom Landgericht zugesprochenen Betrags von weiteren 14.000 Euro habe der Unfallgeschädigte somit weitere 10.000 Euro an Schmerzensgeld verlangen dürfen.
Berücksichtigung der Unfallverletzungen und der Unfallfolgen
Das Oberlandesgericht berücksichtigte bei der Schmerzensgeldhöhe zunächst die Unfallverletzungen. Zudem ließ es die Unfallfolgen nicht außer Betracht. Diese haben in einer leichten Bewegungseinschränkung in der Rotation, in einer leichten Verhärtung der Muskulatur infolge des Beckenbruchs sowie in einer geringen Einschränkung der Umwendbewegung des Unterarms nach außen gelegen. Unberücksichtigt blieben zudem nicht die circa 16 cm lange, reizlose Narbe am Unterarm und die längere depressive Reaktion. Darüber hinaus befand sich der Unfallgeschädigte 21 Tage in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus. Anschließend musste er sich zwei Monate einer teilstationären Reha-Maßnahme unterziehen. Weitere ambulante krankengymnastische Behandlungen folgten. Die Unfallfolgen haben die tägliche Lebensqualität des Unfallgeschädigten merklich beeinträchtigt, so das Oberlandesgericht.
Schmerzensgelderhöhung wegen grober Fahrlässigkeit sowie verzögerter Schadensregulierung
Schmerzensgelderhöhend habe sich nach Ansicht des Oberlandesgerichts zum einen ausgewirkt, dass der Unfallverursacher den Unfall grob fahrlässig verursacht habe. Zum anderen habe sich das Regulierungsverhalten der gegnerischen Haftpflichtversicherung ausgewirkt. Dadurch, dass sich die Versicherung einem erkennbar begründeten Schmerzensgeldanspruch ohne schutzwürdige Interessen widersetzt habe, sei der Unfallgeschädigte zusätzlich belastet worden. Dies müsse sich schmerzensgelderhöhend auswirken.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.06.2016
Quelle: Oberlandesgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)