21.11.2024
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Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 8844

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Urteil30.09.1999Oberlandesgericht Oldenburg2 U 161/99 (falsch: 2 U 61/99)
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NVersZ 2000, 280Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht (NVersZ), Jahrgang: 2000, Seite: 280
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Vorinstanz:
  • Landgericht Osnabrück, Urteil07.06.2009, 9 O 754/99
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Oldenburg Urteil30.09.1999

Einer quengelt, alles brennt: Wohnungsbrand durch Adventskerzen nach "turbulentem" Familien­aufbruch - Versicherung muss zahlenÜberlastete Mutter vergaß im Stress mit quengelndem Kind das Ausblasen der Adventskerzen - Keine grobe Fahrlässigkeit

Wenn eine Mutter sich beim Aufbruch zum Familienausflug mit einem ihrer Kinder rumärgert und deshalb die brennenden Advents­kranz­kerzen vergisst, ist dies "nicht als schlechterdings unentschuldbar" anzusehen. Die Versicherung muss daher einen Brandschaden regulieren. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Oldenburg.

Im zugrunde liegenden Fall wollte eine Familie einen Onkel besuchen. Als man nachmittags beim Aufbruch war, musste sich die Mutter mit dem zehnjährigen Sohn abquälen, der keine Lust auf den Ausflug hatte. Zwei weitere Kinder waren bereits auf dem Weg zum Auto, in dem der Vater saß und hupend wartete. Der zehnjährige Sohn musste von der Mutter regelrecht "aus der Tür geschoben werden".

Mutter vergisst die Advents­kranz­kerzen

Während des turbulenten Familien­auf­bruchs vergas die Mutter, die Adventskranzkerzen zu löschen. Diese verursachten später einen Wohnungsbrand. Die Versicherung meinte, sie sei gemäß § 61 VVG leistungsfrei, weil die Mutter grob fahrlässig gehandelt habe. Der Vater - Versi­che­rungs­nehmer - verklagte die Versicherung auf Regulierung des Schadens.

OLG: Versicherung muss Schaden übernehmen

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg gab ihm Recht. Ein grob fahrlässiges Verhalten gemäß § 61 VVG liege nicht vor.

Verhalten der Frau ist objektiv grob fahrlässig

Vorliegend dürfte objektiv der Ehefrau des Klägers der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu machen sein, weil sie die Wohnung verlassen habe, ohne die Kerzen des Adventsgestecks zuvor gelöscht zu haben, und dadurch den Brand verursacht habe.

Verhalten der Frau ist nicht unverzeihlich

Es lasse sich jedoch nicht feststellen, dass sie auch subjektiv der Vorwurf trifft, sich unverzeihlich verhalten zu haben. Nach dem vom Kläger vorgetragenen und mangels gegenteiligen und unter Beweis gestellten Vorbringens seitens der Beklagten zu unterstellenden Sachverhalt stehe nicht fest, dass das Verhalten der Ehefrau des Klägers als nicht mehr verständliche Nachlässigkeit bewertet werden müsse.

Beabsichtigtes Auslöschen der Kerzen spricht in der Regel gegen grobe Fahrlässigkeit

Nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung begründe das Brennenlassen einer Kerze in unbeauf­sich­tigtem Zustand nicht ohne weiteres stets den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Insbesondere dann, wenn etwa ein Versi­che­rungs­nehmer beabsichtige, eine oder mehrere brennende Kerzen zu löschen, und er sich nur durch eine kurzfristige Ablenkung von dem beabsichtigten Auslöschen abbringen lasse, spreche dies in der Regel gegen ein grob fahrlässiges Verhalten. So ist ein grob fahrlässiges Verhalten etwa verneint worden, wenn eine Person aufgrund eines Telefon­ge­sprächs einen Raum mit brennenden Kerzen in einem Adventsgesteck vorübergehend verlässt (OLG Hamm r + s 1989, 334) oder ein Versi­che­rungs­nehmer zu Weihnachten brennende Kerzen zu löschen vergisst, weil ein kleines Kind quengelt und er sich deshalb bereitfindet, einen neuen Puppenwagen vor dem Hause auszuprobieren (OLG Düsseldorf, Urteil v. 03.03.1998 - 4 U 49/97 - = r + s 1998, 424).

Verhalten der Frau ist nicht als schlechterdings unentschuldbar anzusehen

Unter den genannten Umständen Falle der Ehefrau des Klägers im vorliegenden Fall zwar ein nicht unerhebliches Verschulden zur Last, dieses sei aber eben nicht als schlechterdings unentschuldbar zu qualifizieren.

Hinweis

Im Inter­net­ver­öf­fent­li­chungen und Zeitschriften wird das vorliegenden Urteil oft mit dem Aktenzeichen "2 U 61/99" zitiert. Dieses Aktenzeichen ist falsch. Das Urteil mit den brennenden Kerzen hat das Aktenzeichen "2 U 161/99". In dem Urteil mit dem Aktenzeichen - 2 U 61/99 - geht es um zu kurz vermessene Fenster.

Quelle: ra-online (pt)

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