Im zugrunde liegenden Fall schlug sich am 1. Weihnachtstag des Jahres 1995 eine Mutter mit ihrem quengelndem Kind herum. Das Kind hatte einen Puppenwagen zu Weihnachten geschenkt bekommen. Nur "mal eben" vor der Tür sollte der Wagen ausprobiert werden. Die Mutter ließ sich breitschlagen und ging mit dem Kind vor die Tür. Dabei dachte sie nicht mehr an die brennenden Kerzen des Adventsgestecks. Es kam zu einem Wohnungsbrand.
Die Hausratversicherung erstatte kulanzhalber 25.000,- DM. Darüber hinaus lehnte sie jede Regulierung des Schadens ab. Die Frau habe den Brand grob fahrlässig verursacht. Gemäß § 61 VVG bleibe die Versicherung daher leistungsfrei.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte die Versicherung über die bereits gezahlten 25.000,- DM hinaus, den Schaden zu regulieren.
Es könne offenbleiben, so das Gericht, ob der Wohnungsbrand darauf zurückgehe, dass die Adventskerzen nicht gelöscht worden waren, oder ob ein technischer Defekt zu dem Feuer geführt habe.
Gehe man davon aus, dass das Adventsgesteck Feuer gefangen hat, so mag der Klägerin objektiv der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen sein, weil sie das Haus - wenn auch nur für kurze Zeit - verlassen hat, ohne die Kerzen zuvor gelöscht oder für eine Aufsicht gesorgt zu haben.
Es lasse sich jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin subjektiv der Vorwurf treffe, sich unverzeihlich verhalten zu haben. Grobe Fahrlässigkeit setze nämlich nicht nur einen objektiv besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die verkehrserforderliche Sorgfalt voraus, sondern darüber hinaus ein in subjektiver Hinsicht gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden, welches als schlechthin unentschuldbar anzusehen ist. Es sei die Angelegenheit des beklagten Versicherers, naheliegende Möglichkeiten, die das Verhalten in milderem Licht erscheinen lassen, zu widerlegen. Dies sei hier nicht gelungen.
Man könne nämlich Verständnis dafür aufbringen, dass die Klägerin an die brennenden Kerzen nicht mehr gedacht oder aber das Gefühl gehabt habe, die Kerzen seien schon gelöscht gewesen, als sie am 25. Dezember 1995 dem kranken, quengelnden Kind nachgab und sich bereit fand, den neuen Puppenwagen "mal eben" vor der Tür auszuprobieren.
Das Bewusstsein einer aktuellen Gefährdung durch das Adventsgesteck konnte überdies in nachvollziehbarer Weise auch deshalb zurückgedrängt sein, weil die Klägerin ihren Mann noch im Hause wusste und angesichts der gerade erst um ein Viertel herabgebrannten "Kilokerzen" leicht ein Gefühl trügerischer Sicherheit erwachsen konnte. Es sei durchaus denkbar, dass das Gesteck infolge Durchzugs etwa infolge Öffnens der Haustür - Feuer gefangen habe.
Unter, den hier gegebenen Umständen sei es zwar als schuldhaft, aber eben nicht als unverzeihlich zu qualifizieren, einen solchen Hergang nicht von vornherein ins Auge gefasst zu haben.
Erläuterungen
Hinweis: Das Urteil ist aus dem Jahr 1998. Die Veröffentlichung dieses Urteils erfolgt im Rahmen der Reihe "Urteile zum Advent".
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.12.2009
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Düsseldorf