Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im August 2010 kam es zwischen dem Kläger und dem Beklagten auf einer Betriebsfeier in Haselünne zu einem Streit, in dessen Verlauf der Beklagte dem Kläger einen Schlag ins Gesicht versetzte. Nach Auflösung der Betriebsfeier verließ gegen zwei Uhr morgens zunächst der Beklagte und kurze Zeit später der Kläger das Betriebsgelände.
Der Beklagte stand bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,85 ‰ unter erheblichem Alkoholeinfluss als er in einen Pkw stieg und mit diesem zunächst das Betriebsgelände verließ. Auf dem Gelände einer Tankstelle wendete er, beschleunigte und fuhr mit hohem Tempo zum Betriebsgelände zurück. Der Kläger stand dort auf der Straße, wurde vom Fahrzeug des Beklagten erfasst und lebensgefährlich verletzt.
Der Kläger erlitt u.a. ein Polytrauma mit schwerstem Schädel-Hirn-Trauma. Er liegt seit dem Vorfall im Wachkoma und wird künstlich ernährt. Der Beklagte und die mitverklagte Haftpflichtversicherung zahlten nach der Entscheidung des Landgerichts ein Schmerzensgeld von 100.000 Euro. Darüber hinaus leistete die Verkehrsopferhilfe eine Zahlung von 80.000 Euro.
Die Höhe des Schmerzensgeldes war allein von der Beklagtenseite angefochten worden. Das Oberlandesgericht Oldenburg teilte aber die Auffassung des Landgerichts und erklärte das Schmerzensgeld in Höhe von 500.000 Euro für angemessen. Das Schmerzensgeld solle insbesondere einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden darstellen und dem Verletzten Genugtuung für das ihm zugefügte Leid geben. Eine schwerere Gesundheitsschädigung als die vom Kläger erlittene sei kaum vorstellbar, urteilten die Richter. Der Kläger, ein damals 35-jähriger, verheirateter Familienvater von drei Kindern im Alter von 3, 8 und 9 Jahren liege seit vier Jahren im Wachkoma. Er sei nicht ansprechbar und könne sich nicht mitteilen. Ihm sei damit die Basis für eine eigene Persönlichkeit genommen und er sei nicht mehr in der Lage ein normales Leben zu führen. Ein Sachverständiger hatte im Prozess die dauerhafte Unterbringung in einem Pflegeheim für erforderlich erachtet.
Für diesen Zustand sei der Beklagte verantwortlich, so das Oberlandesgericht weiter. Er habe wenn auch nicht vorsätzlich, so doch unter Außerachtlassung jeglicher Sorgfaltspflichten sich nach der Betriebsfeier schwer alkoholisiert in sein Auto gesetzt, auf dem Tankstellengelände gewendet und sei dann mit überhöhter Geschwindigkeit die Straße vor dem Betriebsgelände entlang gefahren. Er habe die Arbeitskollegen wegen der vorherigen Streitigkeit provozieren wollen. Aufgrund dieser groben Fahrlässigkeit sei der Kläger von dem Pkw mit mindestens 60 km/h erfasst worden.
Ein Mitverschulden des Klägers hat das Oberlandesgericht verneint.
Das Landgericht hatte zunächst in einem Teilurteil über das Schmerzensgeld und die Haftung dem Grunde nach entschieden. Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts wird das Landgericht nun insbesondere noch über die Höhe des weiteren Schadenersatzes zu entscheiden haben. Strafrechtlich wurde der Beklagte vom Landgericht Osnabrück wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.09.2014
Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg/ra-online