23.11.2024
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Oberlandesgericht Oldenburg Urteil30.10.2014

Marktwert eines Arbeitnehmers muss beachtet werden: Klausel über Vermittlungs­provision von Leiha­r­beitsfirma unzulässigMarktwert der Arbeitskraft spiegelt sich nicht in Höhe des Entlei­hungs­entgelts, sondern im neuen Bruttoeinkommen wider

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg hat entschieden, dass eine Vereinbarung zwischen einem Verleiher und einem Entleiher von Arbeitskräften über die Vergütung für den Fall der Übernahme des Arbeitnehmers durch den Entleiher nur dann zulässig ist, wenn die Vergütung "angemessen" ist. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs verwies das Oberlan­des­gericht darauf, dass eine Provision in Höhe des doppelten monatlichen Brutto­ein­kommens noch angemessen sein kann.

Die klagende Leiha­r­beitsfirma des zugrunde liegenden Streitfalls hatte der Beklagten zwei Arbeitnehmer überlassen. Als sie sich im Betrieb der Beklagten, einer Pflege­ein­richtung, bewährt hatten, wurden sie dort übernommen. Daraufhin verlangte die Leiha­r­beitsfirma unter Hinweis auf ihre Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen, die dort vorgesehene Vermitt­lungs­pro­vision in Höhe des 200-fachen, von der Beklagten zu zahlenden Stundensatzes.

Vergütung an Entleiher bei Übernahme des Arbeitnehmers muss angemessen sein

Ebenso wie das Landgericht sah das Oberlan­des­gericht in der Klausel über die Vermitt­lungs­pro­vision eine unberechtigte Benachteiligung der Beklagten. Das Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­gesetz lasse Vereinbarungen zwischen dem Verleiher und dem Entleiher über die Vergütung für den Fall der Übernahme des Arbeitnehmers durch den Entleiher nur zu, wenn die Vergütung „angemessen“ sei. Die von der Arbeit­neh­mer­über­lassung verwendete Klausel erfülle die Kriterien für die Angemessenheit der Vergütung nicht.

Provision in Höhe des doppelten monatlichen Brutto­ein­kommens kann noch angemessen sein

Der Marktwert der Arbeitskraft des Arbeitnehmers werde nicht hinreichend beachtet. Der Marktwert spiegele sich nicht in der Höhe des Entlei­hungs­entgelts, sondern des neuen Brutto­ein­kommens des Arbeitnehmers wider, urteilten die Richter. Zur Bemessung der Vermitt­lungs­pro­vision habe der Bundes­ge­richtshof entschieden, dass eine Provision in Höhe des doppelten monatlichen Brutto­ein­kommens noch angemessen sein kann. Dem folgte das Oberlan­des­gericht und befand, dass die von der Klägerin beanspruchte Provision das 2,3 bzw. 2,4-fache des Brutto­ein­kommens der Arbeitnehmer ausmache und nicht mehr angemessen sei. Die von der Klägerin verwendete Allgemeine Geschäfts­be­dingung sei danach unwirksam. Die Provision könne nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofes auch nicht auf den zweifachen Wert des Brutto­ein­kommens reduziert werden, weshalb die Klägerin im Ergebnis überhaupt keine Provision beanspruchen könne.

Der Text der vom Oberlan­des­gericht als unwirksam erachteten Klausel lautet wie folgt: "Übernimmt der [Entleiher] oder ein mit ihm rechtlich, wirtschaftlich oder persönlich verbundenes Unternehmen den [Mitarbeiter der Klägerin] oder Bewerber von [der Klägerin] vor oder während eines bestehenden Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­ver­hält­nisses bzw. bis zu 12 Wochen nach Ablauf des AÜ-Vertrages, so gilt dies als Vermittlung. Für diese Vermittlung wird eine Bearbei­tungs­gebühr in Höhe von

a) 200 Stunden bei Überlassung von bis zu 3 Monaten

b) 175 Stunden bei Überlassung von bis zu 6 Monaten

c) 150 Stunden bei Überlassung von bis zu 9 Monaten

des vereinbarten Stunden­ver­rech­nungs­satzes dieses Überlas­sungs­ver­trages in Rechnung gestellt.

Nach einer ununter­bro­chenen Überlas­sungsdauer von mehr als 9 Monaten wird keine Bearbei­tungs­gebühr berechnet. Der Anspruch auf die Vermitt­lungs­gebühr entsteht unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt der Übernahme des Mitarbeiters noch ein Arbeits­ver­hältnis mit [der Klägerin] besteht. [...]"

§ 9 Arbeit­ge­be­r­über­las­sungs­gesetz (Unwirksamkeit)

Unwirksam sind:

1. [...]

2. [...]

3. Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeits­ver­hältnis zum Verleiher nicht mehr besteht, dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus

4. [...]

5. [...]

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg/ra-online

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