23.11.2024
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Sie sehen den Auspuff eines Autos.

Dokument-Nr. 17847

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Urteil25.02.2014Oberlandesgericht Oldenburg1 Ss 204/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DAR 2014, 397Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2014, Seite: 397
  • NJW 2014, 2211Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 2211
  • NZV 2014, 372Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2014, Seite: 372
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Vorinstanz:
  • Landgericht Osnabrück, Urteil, 7 Ns 83/13
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Oldenburg Urteil25.02.2014

Auch für Kutscher liegt Grenzwert für absolute Fahrun­tüch­tigkeit bei 1,1 PromilleFührer einer Kutsche muss jederzeit zu schnellen Reaktionen im Straßenverkehr in der Lage sein

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg hat entschieden, dass auch für Kutscher der Grenzwert für eine absolute Fahrun­tüch­tigkeit bei 1,1 ‰ liegt.

Der Angeklagte des zugrunde liegenden Verfahrens hatte im August 2012 in Lathen/Hilter mit einer von zwei Pferden gezogenen Kutsche eine öffentliche Straße befahren und war von zwei Polizeibeamten kontrolliert worden. Die daraufhin angeordnete Blutprobe hatte eine Blutalkoholkonzentration von 1,98 ‰ ergeben. Die Beweisaufnahme vor dem Landgericht hatte keine Anzeichen für eine so genannte „relative Fahrun­tüch­tigkeit“ ergeben. Die Kutsche war weder in Schlangenlinien gefahren, noch zeigte der Fahrer etwaige Ausfa­l­l­er­schei­nungen.

Landgericht lehnt Anwendung des Grenzwertes für Kraftfahrer von 1,1 ‰ ab

Das Landgericht Osnabrück warf sodann die berechtigte Frage auf, bei welchem Grenzwert eine absolute Fahrun­tüch­tigkeit vorliege. Es lehnte die Anwendung des Grenzwertes für Kraftfahrer von 1,1 ‰ ab, weil eine Kutsche deutlich langsamer fahre. Der Grenzwert für Fahrradfahrer von 1,6 ‰ sei deshalb nicht vergleichbar, weil es bei der Kutschfahrt nicht auf den für die Fahrtüchtigkeit von Fahrradfahrern entscheidenden Gleich­ge­wichtssinn ankomme.

Kutscher muss im Straßenverkehr vielfältige Anforderungen erfüllen

Das Oberlan­des­gericht vertrat hingegen die Auffassung, dass der für Kraftfahrzeuge geltende Grenzwert von 1,1 ‰ auch auf Kutscher anzuwenden ist. Nach Einholung eines Sachver­stän­di­gen­gut­achtens begründete das Gericht seine Entscheidung wie folgt: Ein Kutscher müsse im Straßenverkehr vielfältige Anforderungen erfüllen. Fahrfehler, wie Verlust des Gleichgewichts, zu locker geführte Zügel oder Fehlein­schät­zungen einer Verkehrs­si­tuation, könnten sich gefährlich auswirken. Ein Pferd sei grundsätzlich zu keiner angemessenen Eigenreaktion fähig, sondern verlasse sich auf den Fahrer. Dabei könne jederzeit etwas Unverhofftes passieren, weshalb der Reakti­o­ns­fä­higkeit des Kutschers besondere Bedeutung zukomme. Der Fahrer sei gehalten, die Pferde - insbesondere ihre Ohren - während der Normalfahrt, bei der eine Geschwindigkeit von circa 8 km/h erreicht werde, und erst recht bei einer im Vergleich dazu schnelleren Trabfahrt ständig zu beobachten und ihr Verhalten zu reflektieren. Sollte ein Tier ausbrechen, könne die Kutsche im vollen Galopp eine Geschwindigkeit von mehr als 40 km/h erreichen. Es sei in einer solchen Situation aufgrund des Fluch­tin­stinktes schwierig, die Pferde und die Kutsche zum Stehen zu bekommen. Im Regelfall ließen sich die Tiere erst durch Hindernisse aufhalten. Der Gespannführer müsse somit - anders als ein Radfahrer - jederzeit in der Lage sein, schnell zu reagieren und seine für die Führung der Pferde wichtige Stimme sowie die Zügel einsetzen zu können.

Deutlich geringere erreichbare Geschwindigkeit einer Kutsche nicht von entscheidender Bedeutung

Die typischen alkohol­be­dingten Einbußen in der Leistungs­fä­higkeit, wie etwa die Verringerung der Aufmerksamkeit oder des Reakti­o­ns­ver­mögens wirkten sich ebenso aus wie bei einem Kraftfahrer. Der Grenzwert für die absolute Fahrun­tüch­tigkeit liege deshalb ebenfalls bei 1,1 ‰ Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration. Dass ein Kutscher nur eine deutlich geringere Geschwindigkeit als beispielsweise ein Pkw erreichen könne, sei nicht von entscheidender Bedeutung. Auch für andere langsam fahrende Kraftfahrzeuge, wie etwa Mofas, gelte die 1,1-‰-Grenze, so das Gericht.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg/ra-online

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