21.11.2024
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Dokument-Nr. 11396

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Beschluss13.12.2010Oberlandesgericht Nürnberg2 St OLG Ss 230/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NStZ-RR 2011, 153Zeitschrift: NStZ-Rechtsprechungsreport (NStZ-RR), Jahrgang: 2011, Seite: 153
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Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss13.12.2010

Fahrer eines motorisierten Kranken­fahr­stuhls ist mit 1,1 Promille absolut fahruntüchtigZigarettenholen mit 1,25 Promille im elektrisch angetriebenen dreirädrigen Kranken­fahrstuhl

Auch der Fahrer eines elektrisch angetriebenen dreirädrigen Kranken­fahr­stuhls muss sich an die entsprechenden Promillegrenzen halten. Dies geht aus einem Urteil des Oberlan­des­ge­richts Nürnberg hervor.

Im zugrunde liegenden Fall wollte ein Mann abends mal nur schnell noch Zigaretten holen fahren. Er nutzte dazu seine mittels Elektromotor angetriebenen dreirädrigen Kranken­fahrstuhl. Er begab sich mit seinem Gefährt auf den Radweg und machte sich auf den Weg zur ca. 300m entfernten Tankstelle. Dabei wurde er erwischt. Die Blutun­ter­suchung ergab eine Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration von 1,25 Promille.

Technische Daten des Fahrzeugs

Höchst­ge­schwin­digkeit 15 km/h, Länge 1495 mm, Breite 755 mm, Höhe 1020 mm, Leergewicht 94 kg, zulässiges Gesamtgewicht 300 kg. Das Fahrzeug verfügt über eine Beleuch­tungs­anlage, Fahrt­rich­tungs­an­zeiger, Bremsein­richtung und sogar über einen Rückwärtsgang.

Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr

Das Oberlan­des­gericht stellte fest, dass sich der Mann der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB strafbar gemacht habe. Denn er habe auf einem öffentlichen Radweg, der dem öffentlichen Straßenverkehr (§§ 315 b, 315 c StGB) zuzuordnen ist, ein Fahrzeug geführt obwohl er infolge Alkoholgenusses bei einer Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration von über 1,1 Promille absolut fahruntüchtig war, was er bei Beachtung der ihm möglichen und zumutbaren Sorgfalt hätte er erkennen können und müssen.

Straßen­ver­kehr­ordnung gilt auch für Fahrer eines motorisierten Kranken­fahr­stuhls

Bei dem verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen motorisierten Kranken­fahrstuhl handelt es sich nicht nur um ein Fahrzeug im Sinne von § 316 StGB, sondern um ein Kraftfahrzeug, welches die Kriterien des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV erfüllt und deshalb fahrer­laub­nisfrei geführt werden darf (vgl. zum motorisierten Kranken­fahrstuhl BayObLG NStZ-RR 2001, 26). Für den motorisierten Kranken­fahrstuhl gilt die Straßen­ver­kehrs­ordnung, mit der Besonderheit, dass auch dort, wo Fußgän­ger­verkehr zulässig ist, zumindest mit Schritt­ge­schwin­digkeit gefahren werden darf (§ 24 Abs. 2 StVO). Die Vorschriften für "besondere Fortbe­we­gungs­mittel", gelten nur für solche, die nicht motorbetrieben sind, z.B. für Greif­rei­fen­roll­stühle (§ 24 Abs. 1 StVO). Für das Führen eines motorisierten Kranken­fahr­stuhls gilt eine Minde­st­al­ters­grenze von 15 Jahren (§ 10 Abs. 3 Satz 1 FeV). Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 FeV darf das Mindestalter von 15 Jahren nur bei Kranken­fahr­stühlen mit einer Höchst­ge­schwin­digkeit von nicht mehr als 10 km/h - vorliegend 15 km/h - beim Führen durch behinderte Menschen unterschritten werden.

Absolute Fahrun­tüch­tigkeit bei 1,1 Promille

Nach der Grund­sat­z­ent­scheidung des Bundes­ge­richtshofs vom 28. Juni 1990 (BGHSt 37, 89) sind alle Führer von Kraftfahrzeugen, folglich auch solche von motorisierten Kranken­fahr­stühlen, bei einem Bluta­l­ko­hol­gehalt von 1,1 Promille absolut fahruntüchtig. Der Bundes­ge­richtshof hatte seine frühere Rechtsprechung zu einem Grenzwert zur absoluten Fahrun­tüch­tigkeit von 1,3 Promille unter Berück­sich­tigung neuerer medizinisch-natur­wis­sen­schaft­licher Erkenntnisse sowie der Bewertung statistischer Ergebnisse aufgegeben und den Grenzwert bei 1, Promille mit einem Sicher­heits­zu­schlag von ,1 Promille auf insgesamt 1,1 Promille angesetzt. Zwar hatte er damals über die Trunken­heitsfahrt eines Pkw-Fahrers zu befinden, jedoch stellte der Bundes­ge­richtshof klar, dass dieser Grenzwert generell für Führer von Kraftfahrzeugen gilt.

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Nürnberg (vt/pt)

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