Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss09.04.2013
Keine Pflicht zum Tragen von Motorradschuhen zur Verringerung des VerletzungsrisikosFehlendes Tragen von Motorradschuhen begründet kein Mitverschulden im Falle eines Verkehrsunfalls
Eine Pflicht zum Tragen von Motorradschuhen gibt es nicht. Kommt es zu einem Verkehrsunfall, trifft dem Motorradfahrer wegen der fehlenden Motorradstiefel kein Mitverschulden an den Unfallfolgen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2010 kam es zwischen einem Motorradfahrer und einem Autofahrer zu einem Verkehrsunfall. Als der Autofahrer rückwärts aus einer Parklücke ausparken wollte, übersah dieser den Motorradfahrer und kollidierte mit ihm. Aufgrund des Zusammenpralls erlitt der Motorradfahrer eine schwere Verletzung am rechten Fuß, so dass der Unterschenkel amputiert werden musste. Er erhob aufgrund dessen Klage gegen den Autofahrer auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 45.000 €.
Landgericht gab Klage statt
Das Landgericht Ansbach gab der Klage statt. In diesem Zusammenhang verwies es darauf, dass der Motorradfahrer nicht verpflichtet gewesen sei feste Motorradschuhe zu tragen und ihm daher kein Mitverschulden an den Unfallfolgen anzulasten gewesen sei. Dagegen wandte sich der Autofahrer mit seiner Berufung. Er war der Meinung, der Motorradfahrer habe Motorradstiefel tragen müssen, um das Verletzungsrisiko zu verringern.
Pflicht zum Tragen von Motorradschuhen bestand nicht
Das Oberlandesgericht Nürnberg bestätigte das erstinstanzliche Urteil und wies die Berufung zurück. Ein Mitverschulden an den Unfallfolgen sei dem Motorradfahrer nicht anzulasten gewesen. Denn es habe weder eine gesetzliche Pflicht noch ein allgemeines Verkehrsbewusstsein dahingehend bestanden, zur Vermeidung von Verletzungen, Motorradstiefel zu tragen.
Allgemeines Verkehrsbewusstsein erfordert kein Tragen von Motorradstiefeln
Ein Verkehrsteilnehmer müsse diejenige Sorgfalt beachten, so das Oberlandesgericht weiter, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Es komme darauf an, ob er sich verkehrsrichtig verhält. Das verkehrsrichtige Verhalten bestimme sich dabei nicht nur durch die geschriebenen Regeln des Straßenverkehrsordnung, sondern auch durch die konkreten Umstände und Gefahren im Verkehr sowie nach dem, was den Verkehrsteilnehmern zumutbar ist, um diese Gefahr möglichst gering zu halten. Daher sei danach zu fragen, ob das Tragen von Motorradschuhen durch Motorradfahrer nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich war. Dies sei hier zu verneinen gewesen.
Fehlender Standard des Verkehrsbewusstseins
Schon die Vielfalt der Arten von Motorradschuhe habe nach Ansicht des Oberlandesgerichts gegen ein allgemeines Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz bei Schuhen gesprochen. Denn es sei völlig unklar geblieben, welcher Standard das Verkehrsbewusstsein prägen sollte. So seien auf dem Markt Motorradschuhe aus Kevlar, Lederimitat, dicken und dünnem Leder vorhanden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.12.2013
Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, ra-online (vt/rb)