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Oberlandesgericht Naumburg Urteil27.09.2019

Abgasskandal: VW muss Fahrzeugkäufer Schadensersatz zahlenKaufpreis ist unter Abzug einer Nutzungs­ent­schädigung gegen Übereignung und Herausgabe des Gebrauchtwagens zu erstatten

Das Oberlan­des­gericht Naumburg hat entschieden, dass die Volkswagen AG dem Käufer eines gebrauchten VW Tiguan TDI, der vom sogenannten Abgasskandal betroffen ist, zum Schadensersatz in Form des Ersatzes des Kaufpreises unter Abzug einer Nutzungs­ent­schädigung gegen die Übereignung und Herausgabe des Gebrauchtwagens verpflichtet ist.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls erwarb im Frühjahr 2014 von einem Autohaus in Sachsen-Anhalt einen VW Tiguan 2. TDI R-Line als Gebraucht­fahrzeug. Das Fahrzeug war mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 EU 5 ausgestattet, den die Beklagte (die Volkswagen AG) entwickelt hatte. In dem Motor wurde eine Software verwendet, die erkannte, ob sich das Fahrzeug im Testlauf unter Labor­be­din­gungen oder im normalen Straßenverkehr befindet. Die Abgassteuerung wies zwei unter­schiedliche Betriebsmodi auf, von denen einer automatisch aktiviert wurde, wenn das Fahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte getestet wurde. Nur in diesem Modus funktionierte die Abgas­auf­be­reitung in einer Weise, dass die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stick­stof­fe­mis­sionen eingehalten wurden konnten. Unter Fahrbedingungen, die im normalen Straßenverkehr vorzufinden sind, wurde der Fahrmodus aktiviert, der zu einem höheren Stick­stof­fausstoß führte. Nachdem im September 2015 die Verwendung dieser Software bekannt geworden war, wurde die Beklagte durch Bescheid des Kraft­fahrt­bun­desamtes vom 15. Oktober 2015 verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit Dieselmotoren vom Typ EA 189 die aus Sicht der Behörde unzulässige Abschalt­ein­richtung zu entfernen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die betroffenen Fahrzeuge in einen vorschrifts­gemäßen Zustand zu versetzen. Die Beklagte bot den Inhabern der betroffenen Fahrzeuge im Rahmen einer Rückrufaktion die Aufspielung eines kostenlosen Software-Updates an, das ausweislich einer Bestätigung des Kraft­fahrt­bun­desamtes vom 1. Juni 2016 geeignet sei, den vorschrifts­mäßigen Zustand der Fahrzeuge herzustellen. Der Kläger ließ das Software-Update nicht ausführen und nahm die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch.

LG verneint Anspruch auf Schadensersatz

Das Landgericht Magdeburg wies die Klage ab. Dem Kläger stehe gegenüber der Beklagten als Herstellerin des Fahrzeuges kein Schaden­s­er­satz­an­spruch zu. Insbesondere hafte die Beklagte nicht unter dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, weil das Unterlassen einer für die Kaufent­scheidung erheblichen Information in einem Prospekt oder in Werbe­an­kün­di­gungen für sich genommen noch nicht verwerflich sei.

Schaden­s­er­satz­an­spruch ergibt sich aus sittenwidriger Schädigung

Das Oberlan­des­gericht Naumburg gab auf die Berufung des Klägers seinem Schaden­s­er­satz­be­gehren überwiegend statt. Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts könne der Kläger Schadensersatz in Form der Erstattung des Kaufpreises unter Abzug einer Nutzungs­ent­schä­digung gegen die Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs an die Volkswagen AG verlangen. Dieser Schaden­s­er­satz­an­spruch ergebe sich laut Gericht aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen Schädigung und damit den §§ 826, 31 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Kunde wurde getäuscht

Die schädigende Verlet­zungs­handlung bestehe darin, dass die Beklagte den mit der Abschalt­ein­richtung versehenen Motor in den Verkehr gebracht habe. Damit habe sie zum Ausdruck gebracht, dass das Produkt den behördlichen Zulas­sungs­prozess ohne Manipulation durchlaufen habe. In dieser Erwartung werde der Kunde getäuscht.

Angebot des Software-Updates kompensiert Schaden nicht

Der Schaden des Käufers liege in einem wirtschaftlich nachteiligen Vertrag. Er erwerbe ein mangelhaftes Fahrzeug mit einer Abschalt­ein­richtung, deren Illegalität sich aus dem Bescheid des Kraft­fahrt­bun­desamtes vom 15. Oktober 2015 ergebe. Das Angebot des Software-Updates kompensiere diesen Schaden nicht. Die in der Verwendung der Abschalt­ein­richtung angelegte Täuschung wirke sich bei sämtlichen Veräußerungen des betroffenen Fahrzeuges aus. Daher erstrecke sich die Ursächlichkeit der Schädi­gungs­handlung auf sämtliche Glieder einer Käuferkette, so auch den Kläger als Erwerber eines Gebraucht­fahrzeugs.

Entwicklung der Software erfolgte mit Wissen und Wollen

Das Vorgehen der Beklagten sei als sittenwidrig anzusehen. Mit der Implementierung der unzulässigen Abschalt­ein­richtung habe die Beklagte ein System zur gezielten Verschleierung ihres Vorgehens eingerichtet. Sie habe sich das Vertrauen der Käufer in die Zuverlässigkeit des öffentlich-rechtlichen Zulas­sungs­ver­fahrens zunutze gemacht und die Gewinn­ma­xi­mierung mit unzulässigen Mitteln erstrebt. Der Beklagten sei in subjektiver Hinsicht ein Schädi­gungs­vorsatz vorzuwerfen. Das Gericht habe die Überzeugung gewonnen, dass die Entwicklung der Software mit Wissen und Wollen des seinerzeitigen Vorstandes oder eines sonstigen Repräsentanten der Beklagten erfolgte. Es liege nahe, dass die Beeinflussung der Steuersoftware einer ganzen Motorenreihe eine wesentliche Strate­gie­ent­scheidung mit außer­ge­wöhn­lichen Risiken für den gesamten Konzern darstelle, die Gegenstand einer Berichtspflicht gegenüber dem Vorstand gewesen sei. Darüber hinaus habe der Kläger unter Verweis auf Veröf­fent­li­chungen in der Presse und auf öffentliche Äußerungen der Beklagten dargelegt, woraus sich aus seiner Sicht die Kenntnis einzelner Vorstands­mit­glieder der Beklagten von den hier in Rede stehenden Vorgängen ergibt. Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte im Einzelnen erläutern müssen, wie es zur Planung und dem Einbau der Software ohne die Kenntnis des Vorstandes gekommen sein könnte, um sich zu entlasten. Dazu habe die Beklagte keinen ausreichenden Vortrag geleistet.

Geschädigter muss sich Vorteile der Nutzung anrechnen lassen

Die Höhe des Schaden­s­er­satzes hat das Oberlan­des­gericht entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht unter Berück­sich­tigung eines Vorteils­aus­gleichs bemessen. Der Kläger müsse sich den Wert der von ihm seit dem Erwerb des Fahrzeugs gezogenen Nutzung anrechnen lassen. Die gegenteilige Betrach­tungsweise werde der Zielsetzung des deutschen Schaden­s­er­satz­rechts nicht gerecht. Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung sei ausschließlich der Schadens­aus­gleich, nicht aber eine Bereicherung des Geschädigten oder eine Bestrafung des Schädigers. Deswegen müsse sich der Geschädigte die Vorteile der Nutzung anrechnen lassen.

Quelle: Oberlandesgericht Naumburg/ra-online (pm/kg)

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