Oberlandesgericht München Urteil14.10.2015
Nichtnutzung einer Genossenschaftswohnung rechtfertigt nicht Beendigung der Mitgliedschaft in der WohnungsgenossenschaftNichtnutzung betrifft Nutzungsverhältnis, nicht Mitgliedschaftsverhältnis
Nutzt ein Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft seine Wohnung nicht mehr, so rechtfertigt dies nicht die Beendigung der Mitgliedschaft. Denn die Nichtnutzung der Genossenschaftswohnung betrifft ausschließlich das Nutzungsverhältnis und nicht das Mitgliedschaftsverhältnis. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft nutzte seine Wohnung seit Mai 2012 nicht mehr. Er war dort nicht mehr gemeldet. Seine aktuelle Adresse war der Genossenschaft nicht bekannt. Sie beschloss daher im März 2014 die Mitgliedschaft zu beenden. Das unbekannt verzogene Mitglied wehrte sich dagegen mit einer Klage. Das Landgericht München I wies die Klage ab. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Mitgliedschaftsbeendigung aufgrund fehlender Mitteilung der Anschrift
Das Oberlandesgericht München I bestätigte im Ergebnis die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung des Klägers zurück. Der Ausschluss des Klägers aus der Genossenschaft sei gerechtfertigt gewesen, weil er unbekannt verzogen war. Eine Genossenschaft habe gegen einen einzelnen Genossen einen Anspruch darauf, seine aktuelle Anschrift zu benennen. Ein Mitglied müsse für die Genossenschaft stets erreichbar sein. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Genossenschaft die Pflicht habe, die aktuelle Anschrift jedes Mitglieds vorzuhalten und gegebenenfalls zur Einsicht für Dritte und für das Registergericht zur Verfügung zu stellen.
Nichtnutzung der Genossenschaftswohnung rechtfertigt nicht Mitgliedschaftsbeendigung
Die Nichtnutzung der Wohnung habe dagegen nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht die Beendigung der Mitgliedschaft gerechtfertigt. Denn eine Nutzungspflicht habe nicht bestanden. Ohnehin sei das Mitgliedsverhältnis von dem Nutzungsverhältnis zu trennen. Eine Nichtnutzung betreffe allein das Nutzungsverhältnis, nicht aber das Mitgliedsverhältnis. Durch die Nichtnutzung verstoße der Genosse nicht gegen seine Treuepflichten. Es sei nämlich zum einen zu beachten, dass die Mitgliedschaft nicht zugleich einen Anspruch auf eine Wohnung begründe und dass viele Wohnungen auch an Nichtgenossen vermietet werden. Dies zeige, dass das Mitgliedsverhältnis und das Nutzungsverhältnis allenfalls lose miteinander verknüpft seien. Die Genossenschaft sei daher auf die Beendigung des Nutzungsverhältnisses zu verweisen gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.08.2016
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)