24.11.2024
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Oberlandesgericht München Beschluss06.11.2014

Bezeichnung einer Polizeibeamtin als "crazy" nicht zwingend als Beleidigung strafbarÄußerung kann als anlassbezogene Kritik von Meinungs­äußerungs­freiheit gedeckt sein

Bezeichnet ein Mann im Rahmen einer langandauernden Identitäts­fest­stellung eine Polizeibeamtin als "crazy", so liegt darin eine zulässige anlassbezogene Kritik. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mann zuvor zu Unrecht der Lüge bezichtigt wurde. In einem solchen Fall ist die Äußerung vom Recht zur freien Meinung­s­äu­ßerung (Art. 5 Abs. 1 GG) gedeckt. Dies hat das Oberlan­des­gericht München entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem ein Mann in einer Bar mindestens sechs Whiskey getrunken hatte, kam es mit dem Wirt zum Streit wegen der Höhe der Rechnung. Der Wirt rief aufgrund dessen die Polizei. Nachdem diese erschienen war, überprüfte sie die Personalien des Gastes. Dieser Vorgang dauerte eine Zeit lang an. Zudem wurde der Gast von einem der Polizeibeamten zu Unrecht der Lüge bezichtigt. Angesichts dessen äußerte er sich gegenüber der Polizeibeamtin: "You're complete crazy". Aufgrund dieser Äußerung wurde der Gast vom Amtsgericht Kaufbeuren wegen Beleidigung nach § 185 StGB zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 90 EUR verurteilt. Dagegen richtete sich die Revision des Gastes.

Keine Strafbarkeit wegen Beleidigung

Das Oberlan­des­gericht München entschied zu Gunsten des Gastes und hob daher die erstin­sta­nzliche Entscheidung auf. Seiner Ansicht nach sei die Äußerung des Gastes vom Grundrecht der Meinungs­freiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) gedeckt gewesen.

Recht zur Kritik gegen staatliche Maßnahmen

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts stehe jedem Bürger das Recht zu, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen zu kritisieren. Dabei dürfen auch scharfe und übersteigerte Äußerungen fallen. Eine ehrverletzende Äußerung müsse nur dann nicht mehr hingenommen werden, wenn die Grenze zur Schmähkritik überschritten wird.

Kein Vorliegen einer Schmähkritik

Das Oberlan­des­gericht betonte, dass nicht jede überzogene und ausfällige Kritik eine Schmähkritik sei. Vielmehr sei für eine Schmähung Voraussetzung, dass nicht mehr die Ausein­an­der­setzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Ein solcher Fall habe hier aber nicht vorgelegen. Die Äußerung sei im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Lüge und der Dauer der Kontrolle gefallen. Der Gast habe damit nicht die Polizeibeamtin als Person diffamiert. Vielmehr habe das ihm von der Polizei entge­gen­ge­brachte Misstrauen und die damit verbundene langandauernde Kontrolle im Vordergrund gestanden.

Keine Billigung der Äußerung

Darüber hinaus verwies das Oberlan­des­gericht darauf, dass die Entscheidung nicht als Billigung der Äußerung verstanden werden dürfe. Sie sei nur nicht nach verfas­sungs­recht­lichen Grundsätzen strafbar.

Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)

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