15.11.2024
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Dokument-Nr. 15229

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Urteil12.08.2005Kammergericht Berlin(4) 1 Ss 93/04 (91/04)
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2005, 2872Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2005, Seite: 2872
  • NStZ 2005, 693Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2005, Seite: 693
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ergänzende Informationen

Kammergericht Berlin Urteil12.08.2005

Beschimpfung eines uniformierten Polizeibeamten als "Clown" ist eine strafbare BeleidigungÄußerung bloßer Schmähkritik nicht gedeckt von Meinung­s­äu­ße­rungs­freiheit

Wird ein uniformierter Polizeibeamter als "Clown" bezeichnet, so stellt dies eine strafbare Beleidigung dar. Stellt sich die Äußerung zudem als bloße Schmähkritik heraus, ist sie von der Meinung­s­äu­ße­rungs­freiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) nicht gedeckt. Dies geht aus einer Entscheidung des Kammergerichts Berlin hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Fahrgast der U-Bahn fühlte sich wegen einer von einem Fahrkar­ten­kon­trolleur und einem uniformierten Polizeibeamten durchgeführten Fahraus­weis­kon­trolle schikaniert. Er verlangte den Dienstausweis des Polizisten. Als dieser dem Verlangen nicht nachkam, sagte dieser zu ihm: "Da kann ja jeder Clown kommen […]". Der Polizist fühlte sich dadurch beleidigt und zeigte den Fahrgast an. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den Fahrgast daraufhin zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 15 €. Die Berufung des Fahrgastes blieb erfolglos, so dass er Revision einlegte.

Verurteilung wegen Beleidigung war richtig

Das Kammergericht Berlin bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Eine strafbare Beleidigung nach § 185 StGB habe in der Äußerung des Fahrgastes gelegen.

Objektiver Sinngehalt der Äußerung maßgeblich

Das Kammergericht führte zunächst aus, dass bei der Auslegung einer Äußerung von deren objektiven Sinngehalt auszugehen sei. Es müsse geprüft werden, wie ein unbefangener verständiger Dritter die Äußerung versteht. Dabei bleibe die subjektive Sicht des sich Äußernden sowie das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen außer Betracht. Vielmehr sei maßgeblich, wie ein unvor­ein­ge­nommenes und verständiges Publikum die Äußerung versteht. Dabei sei stets vom Wortlaut auszugehen. Ebenfalls seien der sprachliche Kontext, in dem die Äußerung erfolgte, und die Begleitumstände, unter denen sie gefallen ist, zu berücksichtigen.

Bezeichnung "Clown" spricht sozialen Geltungs­an­spruch ab

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze habe das Kammergericht in der Bezeichnung als "Clown" eine Beleidigung gesehen. Dem Betroffenen sei die ihm zukommende soziale Achtung als ein, in der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, verpflichteter Polizeibeamter abgesprochen worden. Denn ein Clown sei nach dem üblichen Sprachgebrauch als ein Spaßmacher, Hanswurst und ein sich lächerlich machender dummer Mensch zu verstehen. Der Fahrgast habe durch die Äußerung kundgetan, dass er den Polizisten als einen kostümierten Spaßmacher ansehe. Zudem habe er ihn gleich einem Hanswurst der Lächerlichkeit preisgegeben.

Äußerung war nicht gerechtfertigt

Die Äußerung sei zudem nach Auffassung des Kammergerichts nicht gemäß § 193 StGB gerechtfertigt gewesen. Eine Rechtfertigung könne sich zwar aus dem Recht der freien Meinung­s­äu­ßerung (Art. 5 Abs. 1 GG) ergeben. Diese gelte hingegen nicht bei herabsetzenden Äußerungen, die sich als Formalbeleidung oder Schmähungen darstellen. In einem solchen Fall trete die Meinungs­freiheit hinter dem Ehrschutz zurück. Eine Schmähkritik liege dann vor, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Ausein­an­der­setzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. So habe der Fall hier gelegen. Die Diffamierung des Polizisten habe im Vordergrund gestanden. Zwar habe der Polizeibeamte zunächst seinen Dienstausweis nicht vorgezeigt, er habe es aber nicht ausdrücklich verweigert. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Fahrgast an der "Echtheit" des Polizisten keine Zweifel hatte. Sein Verlangen habe vielmehr im Zusammenhang mit seinem Empfinden gestanden, durch die Fahraus­weis­kon­trolle "schikaniert" worden zu sein. Das verhalten habe daher den Charakter einer "Revanche" gehabt.

Quelle: Kammergericht Berlin, ra-online (vt/rb)

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