Oberlandesgericht München Beschluss10.09.2013
Verhandlungsunfähigkeit wegen Krankheit: Gerichtliche Anordnung zur Aufbewahrung von Erbrochenen verstößt gegen Menschenwürde und verletzt PersönlichkeitsrechtRechtswidrigkeit der gerichtlichen Anordnung
Ordnet ein Gericht zur Klärung der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten an, dass dieser sein Erbrochenes zwecks Untersuchung aufzubewahren habe, so liegt ein Verstoß gegen die Menschenwürde und eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor. Eine solche Anordnung ist daher rechtswidrig. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Gegen einen Angeklagten wurde seit September 2012 vor dem Landgericht Augsburg wegen Steuerhinterziehung verhandelt. Als es um die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten wegen einer akuten Gastroenteritiserkrankung ging, ordnete das Gericht im Juli 2013 an, dass der Angeklagte zwecks Untersuchung sein Erbrochenes in einem Eimer aufzubewahren habe. Gegen diese richterliche Anordnung legte der Angeklagte Beschwerde ein.
Richterliche Anordnung war rechtswidrig
Das Oberlandesgericht München hielt die richterliche Anordnung für rechtswidrig. Sie habe sowohl die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) als auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) des Angeklagten tiefgreifend verletzt. Durch die angeordnete Maßnahme sei der Angeklagte entwürdigt und erniedrigt worden. Es sei zudem einer der intimsten Bereiche des Angeklagten betroffen gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.10.2013
Quelle: ra-online, OLG München (vt/rb)