Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Über eine Internet-Tauschbörse wurde ein Musikalbum zum Download bereitgestellt. Die Rechteinhaberin verlangte nunmehr im Wege des vorläufigen Rechtschutzes vom Internet-Provider Auskunft über Namen und Anschrift derjenigen zu erteilen, denen zum fraglichen Zeitpunkt die IP-Adressen zugewiesen waren. Das Landgericht Köln gab dem Begehren statt und erließ eine einstweilige Anordnung mit dem verlangten Inhalt. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Internet-Providers.
Das Oberlandesgericht Köln entschied zu Gunsten der Rechteinhaberin. Ihr habe ein Anspruch auf Auskunft gemäß § 101 Abs. 2 UrhG zugestanden. Das Urheberrecht der Rechteinhaberin sei gemäß § 19 a UrhG verletzt worden.
Dabei sei zu beachten gewesen, dass nach Ansicht des Oberlandesgerichts ein gewerbliches Ausmaß nicht nur hinsichtlich der Tätigkeit des Internet-Providers, sondern auch hinsichtlich der Rechtsverletzung vorliegen müsse. § 101 Abs. 2 UrhG erweitere nämlich den Anspruch aus § 101 Abs. 1 UrhG und diene dazu, die Durchsetzung dieses Anspruches durchzusetzen. Daraus folge, dass der Auskunftsanspruch gemäß § 101 Abs. 2 UrhG an die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 UrhG anknüpfe.
Das Urheberrecht sei hier im gewerblichen Ausmaß verletzt worden, so das Oberlandesgericht weiter. Denn wer ein gesamtes Musikalbum in der relevanten Verkaufsphase der Öffentlichkeit zum Erwerb anbiete, trete wie ein gewerblicher Anbieter auf. Er könne und wolle nicht mehr kontrollieren, in welchem Umfang von seinem Angebot Gebrauch gemacht werde und greife damit in die Rechte des Rechteinhabers in einem Ausmaß ein, das einer gewerblichen Nutzung entspreche.
Dabei sei es nach Auffassung des Oberlandesgerichts unerheblich gewesen, ob das Werk nur für einen kurzen Zeitraum in der Tauschbörse angeboten wurde. Denn zum einen sei davon auszugehen, dass der Teilnehmer einer Internet-Tauschbörse sich nicht nur für einen kurzen Zeitraum daran beteilige. Dies folge aus dem Interesse, seinerseits Musiktitel zu erwerben, sowie dem mit der Teilnahme an der Tauschbörse verbundenen Aufwand (Installation der Software usw.). Zum anderen habe der Teilnehmer ab dem Zeitpunkt des Zugänglichmachens die weitere Verbreitung des Titels nicht mehr in der Hand.
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts habe es keine Rolle gespielt, dass die IP-Adressen möglicherweise Anschlüssen zugeordnet waren, deren Inhaber nicht selbst Störer gewesen seien. Denn § 101 Abs. 2 UrhG setzte nicht voraus, dass eine Rechtsverletzung offensichtlich von einer bestimmten Person begangen worden ist, sondern, dass eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt. Ein anderes Ergebnis würde dazu führen, dass der gesetzliche Zweck - nämlich die Verfolgung von Rechtsverletzungen zu ermöglichen - nicht erreicht würde, wenn bereits vorher geprüft werden müsse, ob der bislang unbekannte Anschlussinhaber selbst für die Rechtsverletzung verantwortlich sei.
Das Oberlandesgericht sah auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht sei in der Mitteilung der IP-Adressen nicht zu sehen. Zum einen liege ein geringer Eingriff in das geschützte Recht vor. Denn die Adressen werden dem Anschlussinhaber für einen Zeitraum von maximal 24 Stunden zugewiesen, so dass die Verwendungsmöglichkeiten für diese Information sehr beschränkt seien. Zum anderen sei das Schutzbedürfnis als gering anzusehen. Denn wer seinen Anschluss der Öffentlichkeit zugänglich macht, mache auch die ihm für diesen Zeitraum zugewiesene IP-Adresse öffentlich.
Schließlich änderte das Oberlandesgericht die einstweilige Anordnung des Landgerichts dahingehend ab, dass dem Internet-Provider vorläufig untersagt wurde die Daten zu löschen. Denn die zur Auskunft verpflichtende Anordnung des Landgerichts habe die Hauptsache vorweggenommen. Dies sei jedoch unzulässig gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.01.2013
Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)