Oberlandesgericht Köln Beschluss08.01.2014
Spanngurte auf Autobahn: Überfahren von kaum erkennbaren Fahrzeugteilen spricht nicht für Verstoß gegen das SichtfahrgebotVoller Schadenersatzanspruch aufgrund Unfallereignisses besteht
Überfährt ein Autofahrer bei Dunkelheit auf der Fahrbahn einer Autobahn liegende kaum erkennbare Fahrzeugteile und beschädigt dadurch sein Fahrzeug, so spricht nicht ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Autofahrer gegen das Sichtfahrgebot verstieß. Ihm steht daher der volle Schadenersatzanspruch zu. Dies hat das Oberlandesgericht Köln entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2012 platzte auf einer Autobahn der Reifen eines bulgarischen LKW, wodurch sich Reifen- und Fahrzeugteile, wie etwa Spanngurte, auf der Fahrbahn verteilten. Ein Autofahrer fuhr nachfolgend bei Dunkelheit und mit einer Geschwindigkeit von 80 bis 100 km/h über die Fahrzeugteile und beschädigte dadurch sein Fahrzeug. Aufgrund des Unfallereignisses machte er einen Schadenersatzanspruch geltend. Nachdem das Landgericht Köln der Klage statt gab, musste sich das Oberlandesgericht mit dem Fall beschäftigen.
Anspruch auf Schadenersatz bestand
Das Oberlandesgericht Köln bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Dem Autofahrer habe ein Anspruch auf Schadenersatz zugestanden. Eine Mithaftung wegen einer fehlenden Geschwindigkeitsanpassung aufgrund der Sichtverhältnisse sei nicht in Betracht gekommen.
Kein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot
Das Sichtfahrgebot gelte auf Autobahnen nicht für solche Hindernisse, so das Oberlandesgericht, die unter Berücksichtigung der herrschenden Sichtverhältnisse erst außergewöhnlich spät erkennbar sind. Dies sei hier der Fall gewesen. Es habe sich vorliegend um relativ kleine Gegenstände gehandelt, die sich aufgrund der Dunkelheit kaum von der Fahrbahn abhebten und somit besonders schwer erkennbar waren. In einer solchen Situation spreche der Beweis des ersten Anscheins nicht dafür, dass gegen das Sichtfahrgebot verstoßen und somit zu schnell gefahren wurde.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.11.2014
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)