18.10.2024
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Oberlandesgericht Köln Beschluss03.01.2019

Abgasskandal: VW muss Kaufpreis für Audi erstattenKunden wurden vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt

Die Volkswagen AG muss dem Käufer eines gebrauchten Audi A4 mit Dieselmotor EA 189 Eu5 aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung den Kaufpreis abzüglich Nutzungs­entschädigung erstatten. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Köln und wies damit die Berufung der Volkswagen AG gegen ein dahingehendes Urteil des Landgerichts Köln als offensichtlich unbegründet zurück.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls hatte bei einem Audi-Händler einen gebrauchten Audi A4 Avant 2. TDI mit einem Kilometerstand von rund 43.000 km zu einem Preis von 21.500 Euro erworben. Eingebaut war ein Dieselmotor EA 189 Eu5 der Volkswagen AG. Im Motor war eine Software eingesetzt, die zwei unter­schiedliche Betriebsmodi zur Steuerung der Abgas­rü­ck­führung kannte. In Modus 1 kam es zu einem geringeren Ausstoß von Stickoxiden als in Modus . Der Modus 1 war allerdings nur beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) aktiv. Im normalen Straßenverkehr wurde der im streit­ge­gen­ständ­lichen Fahrzeug verbaute Motor nur im Modus betrieben. Am 5. Juli 2018 ließ der Kläger, dem Angebot der Beklagten folgend, ein Software-Update einspielen, welches - so die Darstellung der Beklagten - dafür sorgen sollte, den Motor des Fahrzeugs durchgängig in einem angepassten Modus 1 zu betreiben und damit auch im Normalbetrieb die öffentlich-rechtlichen Grenzwerte einzuhalten.

Fahrzeug wäre bei bekanntem tatsächlichen Schad­s­tof­f­ausstoß nicht erworben worden

Der Kläger machte geltend, dass er das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er bei Vertragsschluss den tatsächlichen Schad­s­tof­f­ausstoß gekannt hätte. Das Software-Update sei nicht geeignet, den Mangel zu beheben. Zudem seien schädliche Auswirkungen auf den Motor zu befürchten. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in erster Instanz hatte das Fahrzeug eine Laufleistung von ca. 97.000 km.

LG bejaht Pflicht zur Rücknahme des Fahrzeugs

Das Landgericht Köln verurteilte die Volkswagen AG dazu, dem Kläger Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs im Wege des Schaden­s­er­satzes rund 17.000 Euro zu bezahlen. Dabei zog es für die vom Kläger gefahrenen rund 54.000 km einen Betrag von rund 4.500 Euro vom Kaufpreis ab und legte dabei eine Gesamt­lauf­leistung von 300.000 km zu Grunde.

Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung

Das Oberlan­des­gericht Köln bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung der Volkswagen AG als offensichtlich unbegründet zurück. Die Voraussetzungen von § 826 BGB - sittenwidrige vorsätzliche Schädigung - lägen vor. Die Mitarbeiter der Volkswagen AG hätten die mit der manipulativ wirkenden Software ausgerüsteten Motoren dem zum VW-Konzern gehörenden Hersteller gerade zum Zweck der Weiter­ver­äu­ßerung überlassen. Sie hätten damit gerechnet, dass die so ausgerüsteten Fahrzeuge ohne Hinweis auf die manipulativ wirkende Software weiterveräußert werden würden. Aus der Heimlichkeit des Einsatzes der Software gegenüber dem Kraft­fahrt­bun­desamt und den potentiellen Kunden ergebe sich mit hinreichender Sicherheit, dass die Mitarbeiter auch in der Vorstellung gehandelt hätten, dass der Einsatz der Software zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Typen­ge­neh­migung und der Betrie­bs­zu­lassung der Fahrzeuge führen könnte und dass potentielle Kunden Fahrzeuge, die derart mit rechtlichen Unsicherheiten belastet waren, nicht ohne weiteres erwerben würden.

Vorstand der Beklagten verfügte über umfassende Kenntnisse vom Einsatz der Software

Diese Kenntnisse und Vorstellungen seien der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen. Aufgrund des Sach- und Streitstandes sei davon auszugehen, dass der Vorstand der Beklagten über umfassende Kenntnisse von dem Einsatz der Software verfügt habe. Zugunsten des Klägers greife eine Erleichterung der Darlegungslast. Es habe genügt, dass der außerhalb der Gesche­hens­a­bläufe stehende Kläger allgemein behauptet habe, dass dem Vorstand der Beklagten sämtliche Umstände bekannt gewesen seien. Es sei dann Sache der Beklagten gewesen, konkret darzulegen, dass und wie einzelne Mitarbeiter unter Ausschluss des Vorstandes die mangelhafte Software pflichtwidrig beauftragen, bezahlen und verwenden ließen. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten habe nicht einmal ansatzweise ausgereicht.

Vom Kraft­fahrt­bun­desamt erzwungenes Software-Update kann nicht als Erfüllung des Schaden­s­er­satz­an­spruchs angesehen werden

Der zu ersetzende Schaden sei beim Kläger schon durch den Erwerb des Fahrzeugs eingetreten, weil dieses infolge der eingesetzten Software hinter den Vorstellungen des Klägers von der allgemein ordnungsgemäßen Ausrüstung des zu erwerbenden PKW zurückgeblieben sei und sich dieses Zurückbleiben schon infolge der damit zunächst verbundenen Unsicherheiten für die Typen­ge­neh­migung und die Betrie­bs­zu­lassung nachteilig auf den Vermögenswert des PKW ausgewirkt habe. Dementsprechend könne in dem vom Kraft­fahrt­bun­desamt erzwungenen Software-Update keine Erfüllung des Schaden­s­er­satz­an­spruchs liegen. Auch ein Entfallen des Schadens habe die Beklagte nicht hinreichend darzulegen vermocht. Sie habe nicht durch Offenlegung des Software-Updates in allen Details dargetan, dass das Update keine anderen negativen Auswirkungen haben könne.

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online

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