22.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 10023

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Urteil29.07.2010Oberlandesgericht Köln18 U 196/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DB 2010, 1878Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2010, Seite: 1878
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Nachinstanz:
  • Bundesgerichtshof, laufendes Verfahren, II ZR 163/10
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Köln Urteil29.07.2010

OLG Köln: Klinikchef erhält Schadenersatz wegen Alters­dis­kri­mi­nierungÜberschreitung des 60. Lebensjahres für Nicht­ver­län­gerung des Vertrages nachweislich von Bedeutung

Ein ehemaliger Klinikchef einer städtischen Krankenhaus-Gesellschaft hat Anspruch auf Schadenersatz wegen Alters­dis­kri­mi­nierung, da ein ursprünglich mit dem Mediziner bestehender 5-Jahres-Vertrag aus Altersgründen nicht verlängert wurde. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Köln und sprach damit erstmals dem Organ einer Gesellschaft (hier: GmbH-Geschäftsführer) einen entsprechenden Ersatz wegen Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleich­stel­lungs­ge­setzes (AGG) zu.

Im zugrunde liegenden Streitfall war der 1947 geborene Professor Leititis vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. September 2009 als medizinischer Geschäftsführer der städtischen Kliniken Köln angestellt. Der Aufsichtsrat der Kliniken lehnte im Oktober 2008 eine Verlängerung der Anstellung über 5 Jahre hinaus ab, die Stelle wurde mit einem 41-jährigen Nachfolger besetzt. Prof. Leititis machte im Prozess geltend, seine erneute Bestellung zum Geschäftsführer sei allein aus Altersgründen gescheitert, und begehrte Schadenersatz nach dem AGG. Die Kliniken zogen sich darauf zurück, dass man mit den fachlichen Leistungen des Geschäfts­führers unzufrieden gewesen sei.

Presseberichte über Nicht­ver­län­gerung de Vertrages aufgrunde des Alterns beruhen auf Äußerungen aus dem Aufsichtsrat

Das Oberlan­des­gericht Köln geht in der Begründung seines Urteils davon aus, dass Prof. Leititis wegen seines Alters beim Zugang zu einer Erwer­b­s­tä­tigkeit behindert und somit benachteiligt worden sei. Dem früheren Klinikchef komme die gesetzliche Bewei­ser­leich­terung des § 22 AGG zugute; die Benachteiligung aus Altersgründen stehe aufgrund von Indizien fest, die die städtischen Kliniken im Prozess nicht widerlegt hätten. Die seinerzeitige Presse­be­rich­t­er­stattung zeige auf, dass für die Nicht­ver­län­gerung des Vertrages die Tatsache von Bedeutung war, dass Prof. Leititis das 60. Lebensjahr bereits überschritten hatte. Die gegen ihn gefallene Entscheidung werde eindeutig in einen Zusammenhang damit gestellt, dass man ihn nicht für weitere fünf Jahre beschäftigen könne, ohne die für die Leistungsämter der Stadt vorgesehene Altersgrenze von 65 Lebensjahren zu überschreiten. Klarer könne man einen bestimmenden Einfluss des Altersfaktors nicht umschreiben. Da die Presseberichte auf Äußerungen aus dem Aufsichtsrat der Kliniken beruhten, seien sie der Träger­ge­sell­schaft auch zuzurechnen. Ebenfalls in Bezug auf die Altersgrenze habe sich ein Aufsichts­rats­mitglied in der entscheidenden Sitzung vom 15. Oktober 2008 geäußert. In diesen Umständen hat das Gericht eine hinreichende Indizwirkung gesehen.

Klinik konnte Zusammenhang zwischen Alter und Nichtanstellung nicht nachvollziehbar ausschließen

Die Kliniken hätten demgegenüber einen Zusammenhang zwischen dem Alter und der Nichtanstellung nicht nachvollziehbar und sicher ausschließen können. Es reiche insbesondere nicht aus, dass in früheren Aufsichts­rats­sit­zungen die angebliche Unzufriedenheit mit den Leistungen von Prof. Leititis thematisiert worden sei. Die Kliniken könnten sich auch nicht darauf berufen, die Benachteiligung aus Altersgründen sei hier aus anderen Gründen gerechtfertigt gewesen, etwa weil es mit Rücksicht auf den Umbruch auf dem Gesund­heitsmarkt um eine längerfristige Bindung eines neuen Geschäfts­führers gegangen sei. Auch eine Vertrags­ver­län­gerung bis zum 65. Lebensjahr sei durchaus denkbar gewesen.

Klinikchef erhält Schadensersatz für entstandene Nachteile

Das Gericht hat festgestellt, dass dem früheren Klinikchef Nachteile entstanden sind, weil er sein früheres Einkommen nicht mehr weiter erzielen konnte; konkret beziffert wurde der Schaden noch nicht. Daneben wurde eine immaterielle Entschädigung in Höhe von 36.600,- € zugesprochen, 1/3 des ursprünglich verlangten Betrages. Als Grund für die Kürzung führt das Gericht hier an, insgesamt wiege die Altersdiskriminierung nicht besonders schwer, da selbst in der Presse­be­rich­t­er­stattung nicht der Eindruck erweckt worden sei, Prof. Leititis gehöre wegen verminderter Leistungen bereits "zum alten Eisen".

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Köln

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