18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 14212

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Oberlandesgericht Koblenz Urteil22.08.2012

Mögliche Nervschädigung: Zahnarzt muss vor Operation über seltenes jedoch folgenschweres Risiko umfassend aufklärenBloßer kurzer Hinweis im schriftlichen Aufklä­rungsbogen kann unzureichend sein

Ein Arzt muss seinen Patienten vor einer Operation umfassend und sachgemäß über ein seltenes, den Patienten aber erheblich beein­träch­ti­gendes Risiko des Eingriffs aufklären. Besteht etwa bei einer zahnärztlichen Versorgung mit Implantaten die seltene, aber gravierende Gefahr einer dauerhaft verbleibenden Nervschädigung, ist der Patient über Inhalt und Tragweite dieser möglichen Folge hinreichend zu informieren. Der bloße Hinweis "Nervschädigung" in einem schriftlichen Aufklä­rungs­formular ist dabei ohne weitere Erläuterungen im Aufklä­rungs­ge­spräch unzureichend. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Koblenz hervor.

Im zugrunde liegenden Streitfall setzte der beklagte Zahnarzt der Klägerin im Jahre 2008 zwei Implantate ein. Infolge des Eingriffs leidet die Klägerin unter einer dauerhaften Nervschädigung. Sensi­bi­li­täts­s­tö­rungen und Schmerzen insbesondere beim Kauen beeinträchtigen sie täglich. Die Klägerin hat dem beklagten Arzt u.a. vorgeworfen, sie über die Behand­lungs­risiken und Behand­lung­s­al­ter­nativen nicht hinreichend aufgeklärt zu haben. Das Landgericht hatte der Klägerin u.a. ein Schmerzensgeld von 7.000 Euro zugesprochen.

Ärztin kann sich an konkreten Inhalt des Aufklä­rungs­ge­sprächs nicht mehr erinnern

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Arztes hatte vor dem Oberlan­des­gericht Koblenz keinen Erfolg. Das Gericht bestätigte, dass der Beklagte nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht habe, die Klägerin über alle Risiken umfassend und sachgemäß aufgeklärt zu haben. Die Ärztin, die das Aufklä­rungs­ge­spräch mit der Klägerin führte, habe sich an den konkreten Inhalt des Gesprächs nicht mehr erinnern können.

Unzureichende Aufklärung führt zur Haftung des Arztes für schädliche Folgen der Behandlung

Und auch durch das schriftliche Formular sei keine hinreichende Aufklärung der Klägerin erfolgt. Zwar stand im schriftlichen Aufklä­rungsbogen, die Behandlung berge das Risiko der "Nervschädigung". Daraus – so das Gericht – erschließe sich dem Patienten aber nicht, dass die Nervschädigung zu einem dauerhaft verbleibenden Schaden mit nicht mehr zu beseitigenden Sensi­bi­li­täts­s­tö­rungen führen könne. Auch wenn ein solcher Dauerschaden ein seltenes Risiko sei, müsse der Arzt umfassend über die Folgen aufklären, weil die Komplikation die weitere Lebensführung der Patientin besonders nachhaltig und tiefgreifend beeinträchtigen könne. Wegen der unzureichenden Aufklärung habe die Klägerin – die bei ordnungsgemäßer Information eine andere Behandlung gewählt hätte – in den Eingriff nicht wirksam eingewilligt, was zur Haftung des Beklagten für die schädlichen Folgen der Behandlung führe.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ra-online

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