Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist Eigentümer eines Einfamilienhauses. Angrenzend an sein Grundstück befindet sich ein Gelände der beklagten Ortsgemeinde, auf dem ein Gemeinschaftsgebäude steht. In dem Gebäude befindet sich ein Saal, der Platz für über 160 Personen bietet, ein Thekenbereich sowie Verwaltungsräume. Vor dem Gebäude befindet sich eine Parkplatzreihe, entlang der Grundstücksgrenze verläuft ein Anlieferungsweg zum Thekenbereich. Seit 1995 finden in dem Raum an den Wochenenden verstärkt private Feiern oder Vereinsfeste sowie Musikveranstaltungen statt.
Der Kläger fühlte sich zunehmend durch den Lärm aus dem Veranstaltungsgebäude gestört und erhob Klage, nachdem eine einstweilige Verfügung zu keiner für ihn dauerhaft befriedigenden Lösung führte.
Ein vom Landgericht Koblenz bestellter Sachverständiger, der - mit Einverständnis der Parteien - unangekündigt Lärmmessungen bei einer Hochzeitsfeier vornahm, ermittelte in der Zeit von 22 bis 23 Uhr Immissionsrichtwerte von 50,7 dB (A) und in der Zeit von 23 bis 24 Uhr einen Wert von 49,2 dB (A). Angesichts dieser Messungen und der damit in Anlehnung an die TA Lärm einhergehenden Überschreitungen der zu dieser Uhrzeit zulässigen Grenzwerte gab das Landgericht der Klage statt.
Auch die Berufung des Beklagten blieb vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz erfolglos. Der Kläger habe nach Auffassung der Richter einen Anspruch darauf zu verlangen, dass Veranstaltungen in dem Dorfgemeinschaftsgebäude unterblieben, sofern dadurch im Haus des Klägers - abgesehen von kurzen Geräuschspitzen - nachts Lärmimmissionen von mehr als 40 dB (A) entstünden. Seine Begründung finde diese Entscheidung in § 1004 Abs. 1 BGB. Die Vorschrift besage, dass ein Eigentümer, dessen Eigentum beeinträchtigt werde, von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen könne. Sofern weitere Beeinträchtigungen zu erwarten seien, könne der Eigentümer auf Unterlassung klagen. Da es derartige Lärmeinwirkungen in der Vergangenheit bereits gegeben habe, sah das Gericht hier eine Wiederholungsgefahr als begründet an.
Auch der Einwand des Beklagten, dass das Haus des Klägers erst gebaut worden sei, als das Dorfgemeinschaftsgebäude schon gestanden habe und sozusagen "in den Lärm hineingebaut" worden sei, überzeugte die Richter nicht, da dies keine gesteigerte Duldungspflicht begründe. Denn die durch die TA Lärm vorgegebenen Richtwerte beträfen bebaute wie unbebaute Grundstücke in gleicher Weise.
Da der Beklagte darauf verwies zwischenzeitlich schallschützende Vorkehrungen in dem Dorfgemeinschaftsgebäude getroffen zu haben, veranlasste das Gericht eine neue Lärmmessung durch den Sachverständigen.
Dieses Gutachten wurde jedoch ohne Anwesenheit von Publikum im Gemeinschaftshaus erstellt. Um sicher zugehen, dass die Messungen nicht im Nachhinein von den Parteien als auf wirklichkeitsfremden Tatsachengrundlagen beruhend und somit als als unzureichend empfunden werden würde, stellte das Gericht bereits vor den Messungen klar, dass die Ergebnisse des Gutachters verbindlich seien.
Der Sachverständige spielte bei der Messung einerseits - um eine Disko-Veranstaltung nachzustellen - zwei unterschiedliche Techno-Musiken ab, zum anderen ließ er zur fiktiven Darstellung einer Fastnachtsveranstaltung Karnevalsmusik abspielen. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass sich zwar die Geräuscheinflüsse der Karnevalsmusik noch innerhalb des zulässigen Rahmens hielten, die Techno-Musik jedoch deutlich über die Grenzwerte von 40 dB (A) hinausging.
In Anbetracht der Tatsache, dass der Sachverständige auch im zweiten Gutachten bei der Lärmmessung eine Überschreitung der Grenzwerte von 40 dB (A) feststellte, kamen die Richter zu dem Schluss, dass das zuvor vom Landgericht Koblenz gesprochene Urteil seine Berechtigung habe. Die Untersagung von Geräuscheinwirkungen auf dem Grundstück des Klägers von mehr als 40 dB (A) - abgesehen von kurzzeitigen Geräuschspitzen von 60 dB (A) - in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr sei somit rechtmäßig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.02.2011
Quelle: ra-online (vt/ac)