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Oberlandesgericht Koblenz Urteil02.03.2011
Bei Ski-Unfall zweier Deutscher in Österreich gilt deutsches SchadensersatzrechtVerhaltensregeln am Unfallort sind maßgeblich / FIS-Regeln als geltendes Gewohnheitsrecht sind maßgebliches Kriterium bei Schuldfeststellung im Falle von Skiunfällen
Kommt es in Österreich zu einem Skiunfall zwischen zwei Deutschen, kann nach Art. 40 Abs. 2 Satz 1 EGBGB deutsches Schadensersatzrecht angewendet werden. Allerdings bleiben für die Verschuldensfrage die Verhaltensregeln am Unfallort (Österreich) maßgeblich. Demzufolge sind für die Verhaltens- und Sorgfaltspflichten die FIS-Regeln anzuwenden. Diese sind in den Alpenländern, insbesondere in Österreich geltendes Gewohnheitsrecht.
Ausgangspunkt des zugrunde liegenden Falls ist ein Skiunfall, der sich auf einer Abfahrtspiste in Österreich zwischen zwei deutschen Urlaubern ereignete. Der Kläger wurde dabei so schwer verletzt, dass er mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus gebracht werden musste. Nach Schilderung des Geschädigten habe er den Beklagten "nicht kommen sehen", als er seine Fahrtrichtung leicht änderte, um die weiter unten befindliche Skihütte anzusteuern. Für den sich daraufhin ereignenden Unfall sah er die Unfallschuld beim Beklagten.
Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes, da Kläger und Beklagter Wohnsitz in Deutschland haben
Zunächst war jedoch die Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes für diesen Fall zu klären, da sich der Unfall in Österreich ereignet hatte. Nach Art. 40 Abs. 2 Satz 1 EGBGB sei deutsches Recht anzuwenden, da beide Parteien ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Ungeachtet der Geltung deutschen Schadensersatzrechts seien die Verhaltensvorschriften am Unfallort für die Haftung maßgeblich (vgl. BGH, Urteil v. 23.01.1996, Az. VI ZR 291/94 = BGH NJW-RR 1996, 732). Demzufolge richteten sich die Verhaltens- und Sorgfaltspflichten hier nach den FIS-Regeln. Diese Regeln stellten nämlich in den Alpenländern, insbesondere in Österreich geltendes Gewohnheitsrecht dar (vgl. OLG Brandenburg in NJW-RR 2006, 1558, 1559; OLG Hamm in NJW-RR 2001, 1537 und OLG Düsseldorf in VersR 1997, 193, 194).
Für Haftung maßgebliche Verhaltensvorschriften ergeben sich aus FIS-Regeln
Das Oberlandesgericht Koblenz bestätigte die Unfallschuld des Beklagten. Eine Haftung konnte mit § 823 Abs. 1 BGB begründet werden. Der Unfall sei von ihm fahrlässig herbeigeführt worden. Für die Haftung maßgeblich seien die Verhaltensvorschriften vor Ort. In den Alpenländern, also auch in Österreich, stellten die FIS-Regeln geltendes Gewohnheitsrecht dar. Danach sei der von hinten kommende Skifahrer dafür verantwortlich, eine Fahrspur zu wählen, in der er die vor ihm Fahrenden nicht gefährde. Der Hinterherfahrende müsse genügend Abstand einhalten, um dem Vorausfahrenden für alle seine Bewegungen genügend Raum zu lassen. Wer sich unter Ausnutzung von Hangneigung und Schwerkraft bewege, der genieße gegenüber von hinten oder oben kommenden Skifahrern uneingeschränkten Vorrang (OLG Hamm NJW-RR 2001, 1537). Demnach sei eine vorausschauende Fahrweise verpflichtend, bei der mit allen Bewegungen des unten Fahrenden zu rechnen sei, auch mit Schwüngen, Schrägfahrten und Richtungswechseln. Er dürfe nicht darauf vertrauen, dass der Vorausfahrende seine kontrollierte Fahrweise in einem bestimmten Pistenbereich beibehalte.
Keine Mitschuld des Geschädigten, da er sich nur "nach vorne" orientieren muss
Der vorausfahrende Skifahrer müsse sich hingegen nicht nach oben oder hinten orientieren, da ihm wiederum die Pflicht auferliege, auf die Fahrenden vor ihm zu achten. Ein Mitverschulden des Klägers nach § 254 BGB war damit nicht festzustellen. Er habe auch nicht durch das Queren der Piste gegen die FIS-Regeln verstoßen, weil alles dafür gesprochen habe, dass sein Fahrtziel die Talstation war. Damit habe der Beklagte rechnen müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.02.2012
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Koblenz (vt/st)
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