21.11.2024
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Dokument-Nr. 15069

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Urteil01.12.2003Oberlandesgericht Koblenz12 U 772/02
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2004, 2761Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2004, Seite: 2761
  • NZV 2004, 401Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2004, Seite: 401
  • VersR 2004, 1283Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2004, Seite: 1283
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Vorinstanz:
  • Landgericht Koblenz, Urteil13.05.2002, 5 O 282/01
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Koblenz Urteil01.12.2003

Keine Fahrzeug­füh­rer­haftung eines FahrschülersAllgemeine Verschul­den­s­haftung bleibt bestehen

Verursacht ein Fahrschüler einen Unfall, so haftet er für den Schaden nicht aufgrund seiner Fahrzeug­füh­re­rei­gen­schaft. Die allgemeine Verschul­den­s­haftung aus § 823 BGB bleibt aber bestehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Koblenz hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall verursachte eine Fahrschülerin einen Verkehrsunfall. Im Rahmen einer Fahrstunde sollte sie links in eine Straße einfahren. Sie setzte ordnungsgemäß den Blinker und ordnete sich neben der Mittelinie ein. Zunächst hielt sie das Fahrzeug auch an, da sie von vorne kommend ein schnell herannahendes Auto sah. Sie begann dennoch mit dem Abbiegevorgang. Die weitere Ausführung des Abbiegens wurde von dem Fahrlehrer durch einen Bremseingriff verhindert. Der Fahrer des entge­gen­kom­menden Fahrzeugs nahm an, die Fahrschülerin wolle abbiegen und bremste sein PKW stark ab. Dabei kam das Fahrzeug ins Schleudern und kam von der Straße ab. Zu einer Kollision kam es nicht. Der verunfallte Autofahrer verlangte aufgrund des Vorfalls Schadenersatz von der Fahrschülerin und dem Fahrlehrer. Das Landgericht Koblenz gab der Klage statt. Es ging von einer schuldhaften Vorfahrtsverletzung aus. Die beiden Beklagten mussten aber nur 75 % des entstandenen Schadens ersetzen, da dem Kläger eine 25 % Gefähr­dungs­haf­tungsquote getroffen habe. Gegen das Urteil legten die Beklagten Berufung ein.

Schaden­er­satz­an­spruch bestand

Das Oberlan­des­gericht Koblenz entschied zu Gunsten des Klägers. Ihm habe ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 9 Abs. 3 Satz 1 StVO gegen die Beklagten zugestanden.

Keine Kraft­fahr­zeug­füh­rer­haftung der Fahrschülerin

Eine Kraft­fahr­zeug­füh­rer­haftung der Fahrschülerin gemäß § 18 Abs. 1 StVG komme nicht in Betracht, so das Oberlan­des­gericht weiter. Da sich die Fahrschülerin auf einer Übungsfahrt zur Erlangung der Fahrerlaubnis befand, habe der sie begleitende und beauf­sich­tigende Fahrlehrer gemäß § 2 Abs. 15 StVG als Kraft­fahr­zeug­führer gegolten.

Allgemeine Verschul­den­s­haftung bestand

Dennoch habe die Fahrschülerin wegen der allgemeinen Verschul­den­s­haftung gemäß § 823 BGB gehaftet. Sie greife immer dann, wenn ein Fahrschüler einen Fahrfehler begehe, den er auch unter Berück­sich­tigung seiner Ausbil­dungs­si­tuation, seines Wissens und Könnens leicht hätte vermeiden können. Dies sei hier der Fall gewesen. Die Fahrschülerin habe zunächst gehalten und dann, trotz erkennbaren Herannahens eines Fahrzeugs mit hoher, aber zulässiger Geschwindigkeit, mit dem Abbiegevorgang begonnen. Sie habe dadurch eine einfache und nächstliegende Sicher­heits­vorsorge missachtet. Ein solches Verhalten sei grundsätzlich als ein grob fahrlässiges Verhalten anzusehen. Selbst wenn man die besondere Situation als Fahrschülerin beachte, liege jedenfalls eine leichte Fahrlässigkeit vor.

Fahrlehrer haftete ebenfalls

Der Fahrlehrer habe ebenfalls gehaftet, da ihm nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts ein unfal­lur­säch­liches Verschulden an dem Unfall anzulasten gewesen sei. Er habe nämlich die Einleitung des Abbiegevorgangs nicht schon im Ansatz der Ausführung unterbunden. Ein Fahrlehrer sei dazu verpflichtet, seinen Fahrschüler ständig zu überwachen. Er müsse jederzeit in der Lage sein, sofort einzugreifen, wenn die Fahrweise des Schülers dies erfordere. Nur so könne er ein ordnungsgemäßes Fahren gewährleisten. Im vorliegenden Fall habe es der Fahrlehrer versäumt, in dem Augenblick, als die Fahrschülerin begann, die typischen eine Wiederanfahrt vorausgehenden Bewegungs­vorgänge auszuführen, sofort einzugreifen.

Mithaf­tungs­anteil des Verunfallten war mit 25 % zu bemessen

Der verunfallte Kläger habe sich nach Auffassung des Oberlan­des­gericht ein Mithaf­tungs­anteil wegen der Betriebsgefahr in Höhe von 25 % zurechnen lassen müssen. Ein darüber hinaus gehendes Mitverschulden sei ihm hingegen nicht anzulasten gewesen. Allein der Umstand, dass ein Fahrzeug als Fahrschul­fahrzeug gekennzeichnet ist, führe noch nicht zu erhöhten Sorgfalts­pflichten. Es müsse daher nicht zum Beispiel die Geschwindigkeit herabgesetzt werden. Der Kläger habe darauf vertrauen dürfen, dass sein Durch­fahrtsrecht akzeptiert werde.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, ra-online (vt/rb)

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