21.11.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Entscheidung06.06.2019

"Diesel-Abgasskandal": Fahrzeuge mit unzulässiger Abschalt­ein­richtung aufgrund drohender Gefahr der Betrie­bs­un­ter­sagung mangelhaftGewähr­leistungs­ansprüche verjähren jedoch innerhalb von zwei Jahren ab Übergabe des Fahrzeugs

Fahrzeuge, die mit einem Dieselmotor ausgerüstet sind, der nach der Bewertung des Kraft­fahrt­bundes­amtes über eine unzulässige Abschalt­ein­richtung verfügen, sind mangelhaft, weil die Gefahr der Betrie­bs­un­ter­sagung durch die Kfz-Zulas­sungs­behörde besteht. Hieraus resultierende Gewähr­leistungs­ansprüche verjähren - unabhängig von der Kenntnis des Mangels - innerhalb von zwei Jahren ab Übergabe des Fahrzeugs (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Soweit das Gesetz für den Fall, dass der Mangel vom Verkäufer arglistig verschwiegen wird, eine längere Verjäh­rungsfrist vorsieht (§ 438 Abs. 3 Satz 1 BGB), greift diese längere Verjäh­rungsfrist nur dann ein, wenn der Händler selbst arglistig gehandelt hat. Eine Arglist des Fahrzeug­her­stellers wird dem Fahrzeughändler nicht zugerechnet. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Koblenz hervor, das damit die Berufung eines Fahrzeugkäufers zurückwies.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger im Jahre 2009 einen Pkw der Marke VW, Modell Golf, von der beklagten Fahrzeughändlerin gekauft. Das Auto wurde dem Kläger am 19. Mai 2009 übergeben. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor der Baureihe EA 189 eingebaut, der vom sogenannten "Diesel-Skandal" betroffen ist. Bei Bekanntwerden des "Diesel-Skandals" im Jahre 2015 nutzte der Kläger den Pkw mithin bereits seit mehr als sechs Jahren. Im Jahre 2017 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Nachlieferung eines fabrikneuen, typengleichen Fahrzeugs aus der aktuellen Serien­pro­duktion auf.

LG weist Klage wegen Verjährung ab

Die Klage, mit der der Kläger weiterhin die Lieferung eines gleichartigen und gleichwertigen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serien­pro­duktion Zug um Zug gegen Rückgabe des gekauften Fahrzeugs beansprucht, wurde in erster Instanz in vollem Umfang wegen Verjährung abgewiesen.

OLG bejaht grundsätzliche Mangel­haf­tigkeit des Fahrzeugs

Auf die Berufung des Klägers bestätigte das Oberlan­des­gericht Koblenz diese Entscheidung. Dabei betont das Gericht, dass die Verwendung der als unzulässig eingestuften Steue­rungs­software einen Mangel des Fahrzeugs begründet, weil durch deren Einbau die Gefahr der behördlichen Betriebsuntersagung bestehe, so dass das Fahrzeug nicht mehr zur Fortbewegung genutzt werden könne.

Händler kann sich gegenüber Gewähr­leis­tungs­ansprüchen erfolgreich auf Verjährung berufen

Obwohl der Pkw damit mangelhaft sei, scheitere die Klage aber unter anderem daran, dass der Händler sich gegenüber Gewähr­leis­tungs­ansprüchen erfolgreich auf Verjährung berufen könne. Maßgebend sei dabei die kaufrechtliche Verjäh­rungsfrist von zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB), die unabhängig davon, ob der Mangel bekannt ist oder bekannt wird, mit Übergabe des Fahrzeugs zu laufen beginnt. Lediglich dann, wenn der Händler den Mangel arglistig verschweige, greife die längere, allgemeine Verjäh­rungsfrist. Unstreitig habe im konkreten Fall die Beklagte aber selbst nicht arglistig gehandelt. Folglich seien die Gewähr­leis­tungs­ansprüche des Klägers bereits vor Bekanntwerden des "Diesel-Skandals" verjährt. Eine etwaige Arglist der Fahrzeug­her­stellerin spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle, da eine Arglist des Herstellers dem Händler grundsätzlich nicht zugerechnet werde (Fortführung der Senats­recht­sprechung, vgl. Oberlan­des­gericht Koblenz, Urteil v. 28.09.2017 - 1 U 302/17 -).

Gericht äußert Zweifel an deliktischer Haftung der Fahrzeug­her­stellerin

Auch im Bereich der deliktischen Haftung erfolge keine Zurechnung eines etwaigen Fehlverhaltens der Fahrzeug­her­stellerin, beispielsweise eines betrügerischen oder vorsätzlich sittenwidrigen Verhaltens. Hierüberhinaus hat das Oberlan­des­gericht angedeutet, dass er Zweifel an einer deliktischen Haftung der Fahrzeug­her­stellerin hat. Die Annahme einer betrügerischen Absicht bzw. eines vorsätzlich sittenwidrigen Handelns zu Lasten des Fahrzeugkäufers erscheine nicht naheliegend, wenn die Abschalt­vor­richtung dazu gedient haben sollte, eine Beein­träch­tigung des Motors durch eine dauerhafte Abgas­rü­ck­führung zu verhindern.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ra-online (pm/kg)

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