Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil01.02.2017
Genehmigtes Aufstellen eines Halteverbotsschildes: Privates Bau- und Umzugsunternehmen haftet für Sturz eines Fußgängers über SchildsockelKeine Haftung des Staates
Genehmigt die zuständige Behörde einem privaten Bau- oder Umzugsunternehmen das Aufstellen eines mobilen Haltverbotsschildes, so haftet das Unternehmen für Verkehrssicherungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Schild. Eine Haftung des Staates gemäß § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG besteht nicht, da das Unternehmen nicht als Verwaltungshelfer auftritt und somit nicht Beamter im haftungsrechtlichen Sinn ist. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zur Durchführung von Sanierungsarbeiten an einem Haus, beantragte die Baufirma die Aufstellung von mobilen Halterverbotsschildern. Die Behörde kam den Antrag nach. Danach durfte die Baufirma für die Zeit von 10.11. bis 14.11.2014 zwei Halteverbotsschilder aufstellen. Nach Beendigung der Sanierungsarbeiten entfernte die Baufirma die Schilder nicht. Am 26.11.2014 stürzte eine Fußgängerin im Dunklen über den Sockel einer der mobilen Halteverbotsschilder und brach sich dabei vier Rippen. Sie klagte aufgrund dessen gegen die Baufirma auf Zahlung von Schmerzensgeld.
Landgericht gab Schmerzensgeldklage statt
Das Landgericht Baden-Baden gab der Schmerzensgeldklage statt. Seiner Ansicht nach hafte die Beklagte für die Unfallfolgen. Jedoch müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden von 50 % anlasten lassen. Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Berufung ein. Ihrer Meinung nach hafte nicht sie, sondern der Staat. Durch das Aufstellen der mobilen Halteverbotsschilder habe sie als Verwaltungshelferin gehandelt und sei somit als Beamtin im haftungsrechtlichen Sinn anzusehen.
Oberlandesgericht verneint Staatshaftung
Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung der Beklagten zurück. Die Haftung der Beklagten wäre zwar gemäß § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ausgeschlossen, wenn sie bei der Aufstellung der Halteverbotsschilder in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hätte. Das private Bau- oder Umzugsunternehmen werde aber nicht als Verwaltungshelfer und damit nicht als Beamter im haftungsrechtlichen Sinn tätig, wenn es aufgrund einer behördlichen Genehmigung mobile Halteverbotsschilder zu dem hautsächlichen Zweck aufstellt, die Bau- oder Umzugsarbeiten durch ortsnahe Park- oder Haltemöglichkeiten zu erleichtern. Das Unternehmen handle in diesem Fall überwiegend im eigenen Interesse. Funktional komme dies einer Sondernutzungserlaubnis gleich.
Mögliche Staatshaftung bei Anordnung zum Aufstellen der Haltverbotsschilder
Etwas andere könne nach Auffassung des Oberlandesgerichts gelten, wenn das Aufstellen der Halteverbotsschilder aufgrund einer behördlichen Anordnung etwa im Zuge von öffentlichen Bauarbeiten erfolgte. So lag der Fall hier aber nicht.
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen unterlassener Entfernung der Schilder
Die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, so das Oberlandesgericht, weil sie die mobilen Verkehrsschilder nicht unverzüglich nach Ablauf der Genehmigungsdauer entfernt hatte. Es sei zu beachten, dass von solchen Schildern ein erhöhtes Gefahrenpotential ausgehe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.04.2019
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)