23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 13502

Drucken
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil17.02.2012

Kosmetikerin darf keine Falten­unter­spritzung mit hyaluron­säurehaltigen Mitteln durchführenTätigkeit stellt erlaub­nis­pflichtige Ausübung der Heilkunde im Sinne von § 1 Abs. 1 und 2 des Heilpraktiker­gesetzes dar

Falten­unter­spritzung mit hyaluron­säurehaltigen Mitteln ist eine erlaub­nis­pflichtige Ausübung der Heilkunde und darf daher nicht von einer Kosmetikerin vorgenommen werden. Dies hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschieden.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt ein Zentrum für ästhetische Medizin, in dem Ärzte u. a. Falten­un­ter­sprit­zungen mit Hyaluronsäure durchführen. Die Beklagte betreibt in räumlicher Nähe zur Klägerin zwei Kosmetiksalons, in denen sie ebenfalls solche Falten­un­ter­sprit­zungen durchführt. Die Klägerin hat bei dem Landgericht Konstanz den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der der Beklagten untersagt werden sollte, ohne behördliche Erlaubnis Falten­un­ter­sprit­zungen unter Verwendung von hyalu­ron­säu­re­haltigen Präparaten durchzuführen. Dieser Antrag hatte keinen Erfolg.

OLG untersagt Falten­un­ter­spritzung mit Hyaluronsäure ohne Erlaubnis

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe der Beklagten unter Androhung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft untersagt, ohne behördliche Erlaubnis Falten­un­ter­sprit­zungen unter Verwendung von hyalu­ron­säu­re­haltigen Präparaten durchzuführen oder solchartige Behandlungen anzubieten und zu bewerben.

Tätigkeit des Falten­un­ter­spritzens mit einer Spritze birgt Gefahr gesund­heit­licher Schädigungen in beträchtlichem Ausmaß

Das Gericht führte zur Begründung aus, dass die Klägerin als Mitbewerberin einen Unter­las­sungs­an­spruch nach den Regeln des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in Verbindung mit dem Heilprak­ti­ker­gesetz habe. Die Parteien stünden als Anbieter von Dienst­leis­tungen in einem konkreten Wettbe­wer­bs­ver­hältnis. Das Falten­un­ter­spritzen unter Verwendung von hyalu­ron­säu­re­haltigen Präparaten stelle eine erlaub­nis­pflichtige Ausübung der Heilkunde im Sinne von § 1 Abs. 1 und 2 Heilprak­ti­ker­gesetz (HeilprG) dar. Das HeilprG enthalte Markt­ver­hal­tens­re­ge­lungen im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Mit § 1 HeilprG werde das Ziel verfolgt, den Einzelnen und die Allgemeinheit vor unberufenen Heilbehandlern zu schützen. Eine erlaub­nis­pflichtige Ausübung der Heilkunde sei stets dann gegeben, wenn die Tätigkeit ärztliche bzw. medizinische Fachkenntnisse erfordere und die Behandlung bei genera­li­sie­render und typisierender Betrachtung gesundheitliche Schädigungen verursachen könne. Das kosmetische Ziel eines Eingriffs in den Körper schließe die Bewertung nicht aus, so ein Eingriff sei der Ausübung der Heilkunde zumindest gleichzustellen. Die Tätigkeit des Falten­un­ter­spritzens mit einer Spritze, die in ein Gerät eingepackt werde, so dass dann eine Spitze von ca. 1 cm aus diesem Gerät herausschaue, sowie einer anderen Spritze, vor allem für die Augenpartie, bei der nur eine Metallspitze von ca. 3 mm aus dem Gerät herausschaue, berge nach Ansicht des Senats bei genera­li­sie­render und typisierender Betrach­tungsweise eine Gefahr gesund­heit­licher Schädigungen in einem nicht nur unbeträcht­lichem Ausmaß. Das Injizieren des Füllmaterials in die Haut erfordere neben dem gebotenen notwendigen allgemeinen Wissen bei der Verabreichung von Injektionen auch zusätzliche Kenntnisse über den Aufbau und die Schichten der Haut sowie über den Verlauf von Blutgefäßen, Nervenbahnen und Muskelsträngen. Dabei müsse sowohl die zu füllende Hautschicht fachkundig ermittelt und getroffen als auch die Unbedenk­lichkeit des zu verwendenden Implantats beurteilt werden. Dass die Beklagte private Schulungen zur Faltenunterspritzung besucht habe und diese seit dem Jahr 2003 unproblematisch durchführe, könne bei dieser Bewertung keine Berück­sich­tigung finden.

§ 3 UWG - Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen:

Abs. 1: Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Markt­teil­nehmern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 4 UWG - Beispiel unlauterer geschäftlicher Handlungen:

Unlauter handelt insbesondere, wer […]

11. einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

§ 1 Heilprak­ti­ker­gesetz:

Abs. 1: Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis. Abs. 2: Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. […]

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil13502

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI