18.10.2024
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Dokument-Nr. 2918

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss10.07.2006

Kosmetikerin darf vorläufig weiter "Hautver­jün­gungs­spritze" setzenKeine plötzliche Untersagung nach fünfjähriger fehlerfreier Ausübung

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass eine Kosmetikerin die von ihr seit mehr als fünf Jahren ohne Beanstandungen ausgeübte Falten­un­ter­spritzung bis zur Klärung im Haupt­sa­che­ver­fahren weiterhin ohne Erlaubnis nach dem Heilprak­ti­ker­gesetz durchführen darf, obwohl ihr dies von der zuständigen Ortspo­li­zei­behörde mit Sofortvollzug untersagt worden war.

Das Gericht änderte einen ablehnenden Beschluss des Verwal­tungs­ge­richts Karlsruhe und ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Kosmetikerin gegen die Unter­sa­gungs­verfüng der Stadt Mannheim an.

Die Antragstellerin ist Kosmetikerin und bietet als Inhaberin eines Kosme­tik­be­triebs Falten­un­ter­sprit­zungen zur Glättung altersbedingter Falten im Gesicht und im Halsbereich an. Sie verwendet hierbei als Füllmaterial ausschließlich Stoffe aus Hyaluronsäure ohne tierische Bestandteile, die vom Körper abgebaut werden. Die Stoffe werden mit Hilfe einer sehr feinen Injektionsnadel und einer speziellen Injek­ti­o­ns­technik an der betroffenen Stelle unter die Haut der obersten Hautschicht gespritzt. Die Stadt Mannheim ist der Auffassung, dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine nach dem Heilprak­ti­ker­gesetz erlaub­nis­pflichtige Tätigkeit handle und untersagte deshalb der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die berufs- und gewerbsmäßige Falten­un­ter­spritzung. Den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung des Sofortvollzugs lehnte das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe mit Beschluss vom 02.02.2006 ab. Die hiergegen von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

Nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richtshofs überwiegt das private Interesse der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung der Unter­sa­gungs­ver­fügung vorläufig verschont zu bleiben. Bei summarischer Prüfung lasse sich nicht völlig zweifelsfrei feststellen, ob der Antragstellerin die von ihr ausgeübte Tätigkeit zu Recht untersagt worden sei. Zwar sei die kosmetische Falten­un­ter­spritzung bei genereller Betrachtung nicht frei von Gesund­heits­ge­fahren, insbesondere könnten abhängig vom verwendeten Stoff bei der Behandlung Nebenwirkungen wie lokale Schmerzen, Hämatome an der Injek­ti­o­ns­stelle, Wundinfektionen, Unver­träg­lich­keits­re­ak­tionen sowie Lymph­kno­ten­schwel­lungen u.a. auftreten. Bei der von der Antragstellerin ausschließlich angewandten Injektion von Stoffen aus Hyaluronsäure ohne tierische Bestandteile seien hingegen kaum nennenswerte Gesund­heits­ge­fahren zu besorgen. Bei dieser Behandlung könnte daher mangels eines nennenswerten Gefah­ren­po­tenzials eine Erlaub­nis­pflicht nach dem Heilprak­ti­ker­gesetz für ausgebildete Kosmetikerinnen nach Sinn und Zweck des Gesetzes entbehrlich sein. Eine abschließende Klärung dieser Frage müsse der Haupt­sa­cheent­scheidung vorbehalten bleiben. Selbst wenn sich hierbei herausstellen sollte, dass die angewandte Methode der Falten­un­ter­spritzung nach dem Heilprak­ti­ker­gesetz erlaub­nis­pflichtig sei, käme im Hinblick auf die von der Antragstellerin durchgeführte langjährige Behandlung, die ohne Komplikationen erfolgte, eine eingeschränkte Kennt­nis­über­prüfung innerhalb einer von der Behörde zu bestimmenden Frist in Betracht. Diese könnte der Unter­sa­gungs­ver­fügung als mildere Maßnahme vorgeschaltet werden. Da eine sofortige Einstellung der Tätigkeiten zu erheblichen Umsatzverlusten der Antragstellerin führen und die wirtschaftliche Existenz ihres Geschäfts­be­triebs mit mehreren Angestellten auf Dauer in Frage stellen würde, überwiege daher deren privates Interesse, vom Vollzug der Unter­sa­gungs­ver­fügung vorläufig verschont zu bleiben.

Quelle: ra-online, VGH Baden-Württemberg

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