15.11.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss29.07.2010

Jörg Kachelmann – Haftbeschwerde hat ErfolgKein dringender Tatverdacht – Kachelmann wieder auf freiem Fuß

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat der Haftbeschwerde des vor dem Landgericht Mannheim angeklagten Meteorologen Jörg Kachelmann stattgegeben und seine umgehende Freilassung aus der Justiz­voll­zugs­anstalt Mannheim angeordnet.

Aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Mannheim vom 25. Februar 2010 wurde Jörg Kachelmann wegen des Vorwurfs, die Nebenklägerin in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2010 unter Einsatz eines Messers vergewaltigt und sich deshalb der besonderen schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körper­ver­letzung schuldig gemacht zu haben, am 20. März 2010 festgenommen und befand sich danach bis heute ununterbrochen in Untersuchungshaft.

Strafkammer weist Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls ab

Nach die Staats­an­walt­schaft Mannheim am 17. Mai 2010 Anklage zum Landgericht Mannheim erhoben hatte, wies die dort zuständige Strafkammer am 1. Juli 2010 einen Antrag des Angeschuldigten auf Aufhebung des Haftbefehls zurück und ordnete die Haftfortdauer an. Der noch am selben Tag über seinen Verteidiger erhobenen Haftbeschwerde des Angeschuldigten half das Landgericht am 2. Juli 2010 nicht ab und legte die Akten dem Oberlan­des­gericht Karlsruhe zur Entscheidung über das Rechtsmittel vor - mit Erfolg.

Gericht weist auf Unterschied zwischen hinreichenden Tatverdacht und dringenden Tatverdacht hin

Vor dem Hintergrund der am 9. Juli 2010 erfolgten Eröffnung des Hauptverfahrens und der Zulassung der Anklage zur Haupt­ver­handlung durch die zuständige Strafkammer des Landgerichts Mannheim hat das Oberlan­des­gericht im Rahmen der Beschwer­de­ent­scheidung zunächst auf den Unterschied zwischen dem nach § 203 StPO für die Eröffnung des Hauptverfahrens genügenden hinreichenden Tatverdacht, der auch die besseren Aufklä­rungs­mög­lich­keiten in der Haupt­ver­handlung in Rechnung zu stellen habe, und dem für die Unter­su­chungshaft nach § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO erforderlichen dringenden Tatverdacht hingewiesen, der einen stärken Verdachtsgrad erfordere.

Derzeit besteht kein dringender Tatverdacht

Das Gericht führte aus, dass im derzeitigen Stadium des Verfahrens kein dringender Tatverdacht mehr bestehe. Zur Begründung hat der Senat insbesondere darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf den Tatvorwurf bestreitenden Angeklagten und die Nebenklägerin als einzige Belas­tungs­zeugin die Fallkon­stel­lation der "Aussage gegen Aussage" vorliege. Die Nebenklägerin, bei der Bestrafungs- und Falsch­be­las­tungs­motive nicht ausgeschlossen werden könnten, habe zum bei der Anzei­ge­er­stattung und im weiteren Verlauf des Ermitt­lungs­ver­fahrens zu Teilen der verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Vorgeschichte und des für die Beurteilung des Kerngeschehens (dem Verge­wal­ti­gungs­vorwurf) bedeutsamen Randgeschehens zunächst unzutreffende Angaben gemacht. Hinsichtlich der Verletzungen der Nebenklägerin könne derzeit aufgrund der bisher durchgeführten Untersuchungen und Begutachtungen neben einer Fremd­bei­bringung auch eine Selbst­bei­bringung nicht ausgeschlossen werden.

Fluchtgefahr kann bei nicht mehr bestehendem dringenden Tatverdacht dahingestellt bleiben

Im Hinblick auf den aktuell nicht mehr bestehenden dringenden Tatverdacht könne ferner - so die Richter - dahinstehen, ob in der Person des Angeklagten derzeit noch der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) gegeben sei.

Keine gesetzlichen Voraussetzungen für Unter­su­chungshaft

Aufgrund der zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen für die Unter­su­chungshaft hat das Gericht im Ergebnis die Haftfort­dau­e­rent­scheidung des Landgerichts Mannheim vom 1. Juli 2010 sowie den ihr zugrunde liegenden Haftbefehl des Amtsgerichts Mannheim vom 25. Ferbruar 2010 aufgehoben und die Freilassung des Angeklagten angeordnet.

Erläuterungen
§ 112 StPO

(1) Die Unter­su­chungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht ...

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

....

2. bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), ...

§ 203 StPO

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

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