21.11.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss22.09.2014

Schmerzens­geld­anspruch gegen den Vater bei Beschneidung eines sechsjährigen Kindes ohne medizinische Notwendigkeit und Einwilligung der MutterAnspruch auf Schmerzensgeld wegen Verletzung des Körpers, des allgemeinen Persönlich­keits­rechts und der elterlichen Sorge

Wird ein sechsjähriges Kind auf Veranlassung des Vaters beschnitten, obwohl es dazu keine medizinische Notwendigkeit gab und auch keine Einwilligung der Mutter vorlag, kann dies einen Schmerzens­geld­anspruch rechtfertigen. Der Anspruch kann sich aus § 823 BGB und § 1664 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Körpers, des allgemeinen Persönlich­keits­rechts und der elterlichen Sorge ergeben. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eltern eines sechsjährigen Kindes waren geschieden. Während die Mutter das Aufent­halts­be­stim­mungsrecht innehatte, verblieb es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge. In einer Vereinbarung zum Umgangsrecht einigten sich die Eltern darauf, dass ihr Sohn nicht beschnitten wird. Dennoch kam es während eines Türkeiurlaubs mit dem Vater im Juli 2011 zu einer Beschneidung des Kindes. Eine medizinische Notwendigkeit oder Einwilligung der Mutter lag nicht vor. Da das Kind nach seiner Rückkehr nach Deutschland unter massiven Schmerzen und psychischen Beein­träch­ti­gungen infolge der Beschneidung litt, verlangte es vom Vater ein Schmerzensgeld von mindestens 12.000 Euro. Zunächst beantragte das Kind jedoch die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Diesen Antrag wies das Amtsgericht Freiburg als Familiengericht zurück, da es sich hinsichtlich der Schmer­zens­geldklage für unzuständig hielt. Dagegen legte das Kind Beschwerde ein.

Verfah­rens­kos­tenhilfe war zu bewilligen

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschied zu Gunsten des Kindes. Ihm sei Verfah­rens­kos­tenhilfe zu gewähren. Denn die Schmer­zens­geldklage sei nicht als aussichtslos zu werten. Zum einen sei das Amtsgericht Freiburg für die Klage zuständig und zum anderen komme ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Betracht.

Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Verletzung des Körpers und des Persön­lich­keits­rechts

Ein Schmer­zens­geldan­spruch könne zunächst nach § 823 Abs. 1 BGB bestehen, so das Oberlan­des­gericht. Denn durch die Beschneidung sei das Kind in seinem Körper und seinem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht verletzt worden. Die Beschneidung sei zudem rechtswidrig gewesen. Weder habe eine medizinische Notwendigkeit noch eine Einwilligung der Mutter für den Eingriff vorgelegen. Auf eine eventuelle Einwilligung des sechsjährigen Kindes sei es nicht angekommen, da es ihm angesichts seines Alters an der erforderlichen Einsichts­fä­higkeit gefehlt habe.

Schmer­zens­geldan­spruch aufgrund Verletzung der elterlichen Sorge

Der Schmer­zens­geldan­spruch ergebe sich nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts aus § 1664 BGB. Zwar werde durch diese Vorschrift nur der Haftungsmaßstab für die elterliche Haftung bei der Schädigung des Kindes geregelt. Die Vorschrift enthalte aber auch eine selbstständige Anspruchs­grundlage des Kindes gegenüber seinen Eltern, wenn diese bei Ausübung der elterlichen Sorge eine Pflicht verletzen.

Verweis auf Haupt­sa­che­ver­fahren hinsichtlich Schmer­zens­geldhöhe

Hinsichtlich der Schmer­zens­geldhöhe verwies das Oberlan­des­gericht auf das Haupt­sa­che­ver­fahren.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (zt/NJW 2015, 257/rb)

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