21.11.2024
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Dokument-Nr. 13698

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Urteil07.05.2012Landgericht Köln151 Ns 169/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • ArztR 2012, 200Zeitschrift: ArztRecht (ArztR), Jahrgang: 2012, Seite: 200
  • FamRZ 2012, 1421Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2012, Seite: 1421
  • GesR 2012, 484Zeitschrift: GesundheitsRecht (GesR), Jahrgang: 2012, Seite: 484
  • JA 2012, 636Zeitschrift: Juristische Arbeitsblätter (JA), Jahrgang: 2012, Seite: 636
  • JuS 2012, 850Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2012, Seite: 850
  • JZ 2012, 805Zeitschrift: JuristenZeitung (JZ), Jahrgang: 2012, Seite: 805
  • NJW 2012, 2128Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 2128
  • NJW-Spezial 2012, 474 (Klaus Leipold und Stephan Beukelmann)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2012, Seite: 474, Entscheidungsbesprechung von Klaus Leipold und Stephan Beukelmann
  • NStZ 2012, 449Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2012, Seite: 449
  • NVwZ 2012, 1424Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2012, Seite: 1424
  • RÜ 2012, 573Zeitschrift: RechtsprechungsÜbersicht (RÜ), Jahrgang: 2012, Seite: 573
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Vorinstanz:
  • Amtsgericht Köln, Urteil21.09.2011, 528 Ds 30/11
ergänzende Informationen

Landgericht Köln Urteil07.05.2012

Religiöse Beschneidung erfüllt den Tatbestand der Körper­ver­letzung und ist strafbar / Eltern eines nicht einwilligungs­fähigen Jungen sind nicht zur Einwilligung in Beschneidung berechtigtZur Strafbarkeit von Beschneidungen nicht einwilligungs­fähiger Jungen aus rein religiösen Gründen

Ärzte, die ohne medizinische Indikation allein aus religiösen Gründen einen nicht einwilligungs­fähigen Jungen beschneiden, machen sich wegen Körper­ver­letzung strafbar. Dies gilt auch, wenn die Eltern des Jungen ihre Einwilligung für die Beschneidung erteilt haben. Das Landgericht Köln urteilte, dass Eltern nicht zu einer solchen Einwilligung berechtigt sein. Die körperliche Unversehrtheit überwiege die Grundrechte der Religi­o­ns­freiheit und des Erzie­hungs­rechts. Es müsse abgewartet werden, ob sich das Kind später selbst für eine Beschneidung entscheide.

Aufgrund eines aktuellen Falles hatten das Amtsgericht Köln und das Landgericht Köln über die Strafbarkeit von Beschneidungen nicht einwil­li­gungs­fähiger Jungen aus rein religiösen Gründen zu entscheiden.

Sachverhalt

Im November 2010 hatte der Angeklagte als nieder­ge­lassener Allge­mein­me­diziner in Köln fachlich einwandfrei die Beschneidung eines vierjährigen Jungen durchgeführt, ohne dass eine medizinische Indikation vorlag. Die Eltern des Kindes, die dem islamischen Glauben angehören, hatten zuvor eine entsprechende Einwilligung erteilt.

Amtsgericht verneint Körper­ver­letzung und spricht den Angeklagten frei - Eingriff durch wirksame Einwilligung gerechtfertigt

Das Amtsgericht Köln sprach den wegen gefährlicher Körper­ver­letzung Angeklagten frei. Zur Begründung führte der Richter aus, dass der Eingriff aufgrund der wirksamen Einwilligung der sorge­be­rech­tigten Eltern gerechtfertigt gewesen sei. Die Entscheidung habe sich an dem Wohl des Kindes ausgerichtet, da die Zirkumzision als traditionelle Handlungsweise der Dokumentation der kulturellen und religiösen Zugehörigkeit diene, womit auch einer Stigmatisierung des Kindes entgegengewirkt werde. Ferner dürfe nicht verkannt werden, dass die Zirkumzision auch im amerikanischen und angel­säch­sischen Raum aus hygienischen Gründen einen wichtigen Stellenwert einnehme.

Landgericht Köln bestätigt Freispruch - sieht aber eine tatbestandlich erfüllte Körper­ver­letzung und den Arzt in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum

Die seitens der Staats­an­walt­schaft Köln gegen das Urteil eingelegte Berufung hat das Landgericht Köln verworfen, so dass der ursprüngliche Freispruch in Rechtskraft erwachsen ist. Zur Begründung führte die Kammer aus, dass der äußere Tatbestand der einfachen Körper­ver­letzung zwar erfüllt sei. Dieser Eingriff sei insbesondere nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt, weil sie nicht dem Wohl des Kindes entspreche. Denn im Rahmen einer vorzunehmenden Abwägung überwiege das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit vorliegend die Grundrechte der Eltern. Ihre Religionsfreiheit und ihr Erziehungsrecht würden nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie gehalten seien abzuwarten, ob sich das Kind später selbst für eine Beschneidung entscheidet.

Unvermeidbarer Verbotsirrtum

Die Kammer hat den Freispruch im Ergebnis dennoch bestätigt, weil der Angeklagte sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe. Er habe angenommen, dass sein Handeln rechtmäßig gewesen sei. Dieser Irrtum sei für ihn unvermeidbar gewesen, da die zugrunde liegenden Rechtsfragen in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet würden.

Quelle: ra-online, LG Köln (pm/pt)

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