21.11.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil27.11.2012

Schadensersatz­klagen gegen Bausparkasse Badenia wegen arglistiger Täuschung über Vermittlungs­provisionen erfolgreichDreijährige Verjäh­rungsfrist beginnt erst ab Kenntnis über Schadensersatz­anspruch

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat einer Schaden­s­er­satzklage gegen die Bausparkasse Badenia wegen arglistiger Täuschung über Vermittlungs­provisionen stattgegeben. Anders als zuvor das Landgericht hielt das Oberlan­des­gericht den Schadensersatz­anspruch trotz der Kenntnis des Prozess­bevoll­mäch­tigten über einen BaFin-Prüfbericht nicht für verjährt.

Die Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, eine damals 42-jährige Verwal­tungs­an­ge­stellte und ein 43-jähriger kaufmännischer Angestellter, wurden im Dezember 1993 von einem Untervermittler der IHB Immobilien Heinen und Biege GmbH geworben, zum Zwecke der Steuerersparnis eine Eigen­tums­wohnung in Hameln zu kaufen. Die H&B vertrieb seit dem Jahre 1990 in großem Umfang von der Beklagten finanzierte Anlageobjekte. Zur Finanzierung des Gesamtaufwandes schlossen die Kläger einen Darle­hens­vertrag über ein sogenanntes Vorausdarlehen und zwei nacheinander anzusparende Bausparverträge mit der Bausparkasse. Neben einer Vereinbarung über Mieten­ver­waltung (Beitritt zur Mietpool­ge­mein­schaft) unterzeichneten die Anleger ein Formular betreffend einen Objekt- und Finan­zie­rungs­ver­mitt­lungs­auftrag an die H&B, in dem eine Gebühr für die Finan­zie­rungs­ver­mittlung in Höhe von 2,4 % des Kaufpreises und eine Courtage von 3,45 % ausbedungen war. Anfang Dezember 1993 erwarben die Kläger von der Verkäuferin ALLWO eine 66,24 m² große Eigen­tums­wohnung zu einem Kaufpreis von 175.152,00 DM. Am 20.12.2004 beauftragten sie ihren jetzigen Prozess­be­voll­mäch­tigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen.

Landgericht weist Klage wegen Verjährung etwaiger Schaden­s­er­satz­ansprüche ab

Mit ihrer am 29. Dezember 2008 beim Landgericht Karlsruhe eingegangenen Klage begehren die Kläger Schadensersatz wegen Aufklä­rungs­pflicht­ver­letzung durch die Beklagte. Unter anderem erheben sie den Vorwurf der Aufklä­rungs­pflicht­ver­letzung wegen Wissens­vor­sprunges von der arglistigen Täuschung über die im Kaufpreis versteckten Provisionen. Das Landgericht hat die Schaden­s­er­satzklage der Kläger wegen Verjährung etwaiger Schaden­s­er­satz­ansprüche abgewiesen.

OLG verurteilt Beklagte zur Zahlung von ca. 110.000 Euro Schadensersatz

Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe das landge­richtliche Urteil aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von ca. 110.000 Euro Zug um Zug gegen Rückübertragung der Eigen­tums­wohnung verurteilt.

Formularangaben zu Provisionen waren objektiv unrichtig

Das Gericht hat festgestellt, dass die Kläger jedenfalls über die Höhe der insgesamt anfallenden Vertrie­b­spro­vi­sionen von den Vermittlern arglistig getäuscht worden seien. Die Angaben in dem Formular zu den Provisionen seien objektiv unrichtig gewesen, da die H&B von der ALLWO, der Verkäuferin, zusätzliche Provisionen von mehr als 15 % des Kaufpreises erhalten habe. Aufgrund der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundes­ge­richtshofs mit der entsprechenden Bewei­ser­leich­terung bei insti­tu­ti­o­na­li­siertem Zusammenwirken von Verkäufer, Vermittler und finanzierender Bank werde der Wissens­vor­sprung der beklagten Bausparkasse über die arglistige Täuschung widerleglich vermutet. Diese Vermutung habe die Beklagte nicht widerlegt, auf die Vernehmung der von ihr benannten Zeugen habe sie ausdrücklich verzichtet.

Schaden­s­er­satz­an­spruch nicht verjährt

Danach stehe den Klägern gegenüber der Beklagten ein Schaden­s­er­satz­an­spruch zu, der entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verjährt sei. Im Streitfall laufe eine dreijährige Verjäh­rungsfrist, die erst ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Anspruchs beginne. Als die Kläger im November 2010 ihre Klage­er­wei­terung auf die Kenntnis von einer arglistigen Täuschung über die Vermitt­lungs­pro­vision gestützt hätten, sei diese dreijährige Verjäh­rungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen. Für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis genüge nicht, dass dem Prozess­be­voll­mäch­tigten der Kläger 2004 der Prüfbericht des Bundes­auf­sicht­samtes für das Kreditwesen (BaFin) bekannt gewesen sei.

Prüfbericht stellt lediglich Vermutung über teilweisen Rückfluss des Kaufpreises an Vertrie­bs­ge­sell­schaft auf

Im Mai 2001 hatte die BaFin die Wirtschafts­prü­fungs­ge­sell­schaft Deloitte und Touche mit der Prüfung des Geschäfts der beklagten Bausparkasse mit der H&B beauftragt. Dabei sollte insbesondere geprüft werden, ob die Gewährung der Darlehen an die von H&B vermittelten Kunden von der Beklagten ordnungsgemäß vorgenommen wurden. Aus dem Prüfbericht ergebe sich aber nicht einmal die Kenntnis der Kläger über ein einheitliches Handeln der Verkäuferseite. Vielmehr stellten die Prüfer lediglich eine Vermutung auf, dass ein Teil des Kaufpreises an die Vertrie­bs­ge­sell­schaft zurückgeflossen sei, deren Umfang nicht nachvollzogen werden könne. Auf der Basis dieser Information über eine „generelle Provi­si­ons­praxis“ der H&B hätten die Anleger nicht einmal den schlüssigen Vorwurf einer arglistigen Täuschung durch den Vertrieb bei dem Anlageobjekt im vorliegenden Fall erheben können. Weder sei in dem Bericht die tatsächliche Höhe der aus dem Kaufpreis abgezweigten Provi­si­ons­zah­lungen angegeben, noch werde die Relation zu den im Formular angegebenen Provi­si­ons­sätzen deutlich. Danach hätten die Anleger allenfalls argwöhnen können, auch sie seien über die Höhe der Provi­si­ons­zah­lungen bei Auftrags­er­teilung an die H&B getäuscht worden. Auf einen bloßen Verdacht und die hieraus abgeleitete Vermutung, es könne auch in ihrem Fall so gewesen sein, hätten sie jedoch eine Klage nicht stützen können. Außerdem hätten die Kläger aufgrund des Prüfberichts keinen Grund zu der Annahme gehabt, dass die beklagte Bausparkasse selbst Kenntnis von den Angaben des Vertriebs in den Formularen und der darin liegenden arglistigen Täuschung gehabt habe.

Der den Klägern zustehende Schaden­s­er­satz­an­spruch erfasse auch den Vermö­gens­schaden, den sie im Zusammenhang mit dem zur Kaufpreis­fi­nan­zierung aufgenommenen Vorausdarlehen und aus der späteren Umfinanzierung über ihre Hausbank erlitten hätten.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

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