15.11.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil15.10.2007

"FlowTex-Berufungs­ver­fahren" wegen Amtshaftung: Gläubiger scheitern erneut vor GerichtLand haftet nicht

Die Kläger begehren aus Amtshaftung Schadensersatz vom beklagten Land Baden-Württemberg in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Hintergrund des Verfahrens ist der groß angelegte Betrug der Gründer der FlowTex-Technologie GmbH & Co. KG bzw. deren Vorgängerin (FTI), Manfred Schmider und Klaus Kleiser, die unter anderem wegen "Luftgeschäften" mit "virtuellen" Horizon­tal­bohr­systemen (HBS) wegen Betruges zum Nachteil von Leasing­ge­sell­schaften und kreditgebenden Banken zu hohen Freiheits­s­trafen verurteilt worden waren.

Die Kläger werfen Beamten des Landes vor, ein als solches erkanntes betrügerisches System, d.h. den Verkauf und das Rückleasen von nicht existierenden HBS zur weiteren Geldschöpfung und Aufrecht­er­haltung der Liquidität der Gesellschaften der FlowTex-Gruppe, nicht aufgedeckt, teilweise sogar unterstützt zu haben. Insbesondere einem Betriebsprüfer und Steuerfahndern falle eine Beihilfe zum Betrug zum Nachteil der Kläger zur Last.

Das Landgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 26.07.2005 die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Kläger zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat der 12. Zivilsenat (mit Sonder­zu­stän­digkeit für Ansprüche wegen Amtspflicht­ver­letzung) nach Ausschöpfung des umfassenden Prozessstoffes, Auswertung zahlreicher Urkunden und Vernehmung von 19 Zeugen zurückgewiesen und damit das klageabweisende Urteil bestätigt:

Eine Haftung des beklagten Landes, sei es unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe, des Amtsmiss­brauches oder aus sonstigen Rechtsgründen, kommt hier nur bei einem vorsätzlichen Handeln seiner Beamten in Betracht. Vorsatz erfordert gewisse Kenntnisse, die in der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden konnten. Die Kläger haben nicht den Nachweis geführt, dass der Betriebsprüfer S. oder die anderen Steuerfahnder den Milli­a­r­den­betrug mit nicht existenten HBS spätestens 1997 erkannt haben. Der Senat kam nach der Beweisaufnahme lediglich zu dem Ergebnis, dass die Finanzbeamten das Finan­zie­rungs­system der FlowTex-Gruppe, d.h. die Zahlungsflüsse zwischen den von Schmider und Kleiser beherrschten Gesellschaften, der Verkäuferin der HBS an die Leasingnehmerin FTI, erfasst und auch erkannt haben dürften, dass im Prüfungs­zeitraum nicht alle HBS rentierlich arbeiteten. Der Nachweis für die Kenntnis vom Verkauf von ca. 1.000 nicht existenten HBS und vom Mechanismus, durch den der Betrug kaschiert wurde (z.B. Fälschungen von Unterlagen und Unterschriften, Bereithalten von Vorzei­ge­ma­schinen) ist den Klägern jedoch ebenso wenig gelungen wie der Beweis der Behauptung, Beamte des beklagten Landes hätten mit der Möglichkeit gerechnet, dass (auch) zukünftig nicht existente Maschinen arglosen Abnehmern verkauft würden.

Auch einen Amtsmissbrauch hat der Senat mangels Kenntnis der Beamten vom Betrug mit nicht existenten HBS nicht angenommen. Wie das Landgericht schloss der Senat für die Verletzung sogenannter schlichter Amtspflichten eine Haftung des beklagten Landes aus, da diese Pflichten nur gegenüber der Allgemeinheit bestehen, nicht Dritte vor der Begehung von Straftaten schützen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 15.10.2007

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