Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2011 mietete eine Firma Gewerberäume zur Produktion von Dönerspießen an. Die Versorgung mit Gas, Strom und Wasser wurde zu dieser Zeit über das Nachbargrundstück bewerkstelligt, da das Grundstück nicht über eine eigenständige Versorgung verfügte. Vielmehr befanden sich die Versorgungsleitungen und die Hauptanschlüsse für Gas, Strom und Wasser auf dem Nachbargrundstück. Hintergrund dessen war, dass die beiden Grundstücke früher zusammengehörten und später aber geteilt wurden. Eine entsprechende Klausel im Kaufvertrag regelte aber die Versorgung des Grundstücks über das Nachbargrundstück bis zum Juni 2013. Bis dahin sollte der Grundstückseigentümer eigene Versorgungsleitungen und Anschlüsse installiert haben. Im August 2013 teilte der Eigentümer des Nachbargrundstücks mit, dass er beabsichtige die Versorgung einzustellen. Da das Grundstück immer noch nicht über eine eigene Versorgung verfügte und die Firma befürchtete durch die Kappung der Versorgung den Betrieb einstellen zu müssen, beantragte es den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Diese war gerichtet auf Untersagung der Versorgungsunterbrechung.
Das Landgericht Karlsruhe wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung jedoch zurück. Denn der Firma habe kein Anspruch auf Gewährleistung der Versorgung mit Gas, Strom und Wasser gegenüber dem Eigentümer des Nachbargrundstücks zugestanden. Dieser sei nicht verpflichtet gewesen die Versorgung aufrechtzuerhalten. Gegen diese Entscheidung legte die Firma Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Berufung der Firma daher zurück. Ihr habe kein Anspruch auf Versorgung durch den Eigentümer des Nachbargrundstücks zugestanden.
Ein Anspruch auf Versorgung habe sich nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht aus § 535 BGB ergeben, da zwischen der Firma und dem Eigentümer des Nachbargrundstücks kein Mietverhältnis bestanden habe. Die Firma habe sich vielmehr an ihrem Vermieter halten müssen. Dieser habe den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache, was insbesondere den Anschluss an die Gas-, Strom- und Wasserversorgung beinhaltet, zu gewährleisten.
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts habe zudem die beabsichtigte Kappung der Versorgung keine Besitzstörung dargestellt. Ein Anspruch auf Versorgung habe daher auch nicht nach § 862 Abs. 1 BGB bestanden. Es sei zu beachten, dass der Besitz lediglich den Bestand der tatsächlichen Sachherrschaft umfasse. Der Zufluss von Gas, Strom und Wasser sei aber nicht Bestandteil der tatsächlichen Sachherrschaft, sondern erweitere die im bloßen Besitz liegende Gebrauchsmöglichkeit. Durch den Entzug der Versorgungsleistungen werde nicht der Zugang zu den Räumen verhindert oder erschwert. Der Besitz werde dadurch auch nicht behindert.
Zwar könne in der Kappung der Versorgung ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu sehen sein und daher ein Versorgungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begründen, so das Oberlandesgericht. Die Firma wäre aber verpflichtet gewesen diesen Eingriff gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden. Denn der Eigentümer des Nachbargrundstücks sei nicht zur Versorgung der Gewerberäume verpflichtet gewesen.
Soweit die Firma anführte, dass die Unterbrechung der Versorgung nur deshalb erfolgen sollte, weil sie sich weigerte mit dem Eigentümer des Nachbargrundstücks einen Mietvertrag abzuschließen, so hielt das Oberlandesgericht dies für unbeachtlich. Dies habe kein Anspruch auf Versorgung gemäß § 823 und § 826 BGB wegen Nötigung oder vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung begründet. Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Eigentümer des Nachbargrundstücks die nicht geschuldete Versorgung nach Ablauf der Frist unterbrechen durfte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.08.2014
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)